Rz. 104
Ist der Inhalt der Klausel durch Auslegung bestimmt und auch die zuvor beschriebene Frage der Kontrollfähigkeit der Klausel jedenfalls in Teilen bejaht, schließt sich im Rahmen der Überprüfung Allgemeiner Geschäftsbedingungen die eigentliche Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 307–309 BGB an.
1. Reihenfolge der Prüfung
Rz. 105
Während §§ 308, 309 BGB recht konkret verschiedene Vertragsregelungen benennen, die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ohne Weiteres (§ 309 BGB) oder jedenfalls unter gewissen Voraussetzungen (§ 308 BGB) unwirksam sind, enthält die Generalklausel des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB zunächst lediglich die allgemeine und ausfüllungsbedürftige Aussage, dass Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
Rz. 106
Bei den insoweit spezielleren Klauselverboten der §§ 308, 309 BGB handelt es sich um eine Konkretisierung dieser Generalklausel, weshalb diese Vorschriften auch vorrangig zu prüfen sind. Zu beginnen ist hierbei im ersten Schritt mit der Fragestellung, ob die zu überprüfende Vertragsregelung möglicherweise bereits deshalb unwirksam ist, weil sie gegen eines der Klauselverbote des § 309 BGB verstößt. Ist dies nicht der Fall, ist in einem weiteren Schritt zu fragen, ob sich eine Unwirksamkeit aus § 308 BGB ergibt.
Rz. 107
Ist auch dies zu verneinen, ist abschließend zu untersuchen, ob die Klausel möglicherweise deshalb unwirksam ist, weil sie den Vertragspartner des Verwenders i.S.d. Generalklausel des § 307 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, wobei § 307 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BGB näheren Aufschluss darüber geben, wann eine solche "unangemessene Benachteiligung" gegeben ist. Diese liegt danach im Zweifel dann vor, wenn die Klausel entweder mit wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung, von der sie abweicht, nicht zu vereinbaren ist oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, derart einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Darüber hinaus kann sich die unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Klausel nicht klar und verständlich gefasst ist (sog. Transparenzgebot).
Rz. 108
Zu beachten ist, dass eine Klausel auch dann nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam sein kann, wenn sie ihrem Regelungsinhalt nach unter eines der Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB fällt, jedoch aus diesen Vorschriften noch nicht ihre Unwirksamkeit folgt. Auch in diesem Fall kann die Unwirksamkeit der Klausel immer noch aus § 307 BGB folgen und ist nicht etwa vor dem Hintergrund der Spezialität der §§ 308, 309 ausgeschlossen. Ergibt sich allerdings umgekehrt schon aus § 309 oder § 308 BGB die Unwirksamkeit einer Regelung, kann dieses Ergebnis nicht durch einen Rückgriff auf § 307 BGB korrigiert werden.
2. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit (§ 309 BGB)
Rz. 109
§ 309 BGB enthält die sog. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit, die sich dadurch auszeichnen, dass sie – von Ausnahmen abgesehen – keine unbestimmten Rechtsbegriffe beinhalten und die Klausel damit bei Eingreifen eines der Katalogtatbestände ohne Weiteres – d.h. insbesondere ohne eine richterliche Würdigung – unwirksam ist. Allerdings gilt diese Aussage nicht uneingeschränkt, da auch § 309 BGB bereits an einigen Stellen ausfüllungsbedürftige Begriffe wie etwa "wesentlich" oder "unverhältnismäßig" enthält, die ebenfalls eine Würdigung voraussetzen.
Rz. 110
Die praktische Relevanz der in § 309 BGB geregelten Klauselverbote für den Bereich des Arbeitsrechts ist unterschiedlich. Während § 309 Nr. 1, 8b, 9 und 11 BGB im Arbeitsrecht kaum jemals Bedeutung erlangen dürften, werden andere Verbote immer wieder in arbeitsgerichtlichen Entscheidungen thematisiert. Beispielhaft genannt seien hier § 309 Nr. 6 BGB im Zusammenhang mit arbeitsvertraglichen Vertragsstrafenabreden, § 309 Nr. 7 BGB und auch der seit Oktober 2016 neu gefasste § 309 Nr. 13 BGB im Zusammenhang mit der Überprüfung arbeitsvertraglicher Ausschlussklauseln sowie § 309 Nr. 12 BGB, der von der Rechtsprechung anlässlich der Überprüfung deklaratorischer Schuldanerkenntnisse zumindest thematisiert wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten und weiterer praktischer Anwendungsfälle des § 309 BGB bei der Überprüfung arbeitsrechtliche AGB sei auf die Erläuterungen zu den einzelnen Klauseltypen weiter unten verwiesen.
3. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit (§ 308 BGB)
Rz. 111
In Abgrenzung zu § 309 BGB zeichnen sich die in § 308 BGB geregelten Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit dadurch aus, dass sie im Gegensatz zu den Verboten des § 3...