aa) Typischer Sachverhalt
Rz. 197
Der Auftraggeber wünscht eine Regelung, wonach die gesetzlichen Verjährungsfristen zu seinen Gunsten deutlich verlängert werden. Zudem soll bei jeder Nachlieferung oder Nachbesserung die Verjährungsfrist so weit wie möglich von Neuem beginnen.
bb) Rechtliche Grundlagen
(1) Verlängerung der Verjährungsfrist
Rz. 198
Bei der Verlängerung von Verjährungsfristen greift lediglich § 307 BGB als Kontrollmaßstab. Der BGH hat zu Einkaufs-AGB mit einer Sachmängelverjährungsfrist von drei Jahren ausgeführt, dass sich die Verlängerung der zweijährigen Verjährungsfrist um ein weiteres Jahr nicht so weit von der gesetzlichen Regelung entferne, dass sie mit deren wesentlichen Grundgedanken nicht mehr zu vereinbaren wäre. Auf Basis der Argumente des BGH erscheint auch eine Erhöhung auf vier Jahre als hinnehmbar. Dies gilt zumindest bei "normalen" Produkten. Bei Arbeiten an einem Flachdach ist sogar eine Gewährleistungsfrist von zehn Jahren zulässig. Bei Rechtsmängeln sieht der BGH eine Verfünffachung der Frist (auf zehn Jahre) als zu weitgehend an. Eine Verlängerung auf drei oder vier Jahre dürfte aber jedenfalls zulässig sein.
Eine Klausel, die hingegen die Vermutung für die Anfänglichkeit eines Mangels (siehe §§ 477, 445a Abs. 3 BGB) über den Verbrauchsgüterkauf hinaus erweitern wollte, wäre nach § 307 BGB mit § 309 Nr. 12 BGB unwirksam. Denn § 477 BGB gilt nur im Verhältnis zum Verbraucher.
(2) Neubeginn der Verjährung bei Nacherfüllung
Rz. 199
Nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die Verjährung im Falle eines Anerkenntnisses des Schuldners (Auftragnehmers) – soweit das Anerkenntnis reicht – von Neuem. Ein solches Anerkenntnis kann z.B. in der Nachlieferung oder Nachbesserung nach Mängelrüge des Auftraggebers liegen, betrifft dann aber nur dieselbe Mangelursache. Allerdings hat es der Auftragnehmer etwa durch einen Hinweis auf "Kulanz" weitgehend in der Hand, diese Wirkung zu vermeiden. Der BGH hat eine Klausel, die bei Nachlieferung oder Nachbesserung einen Neubeginn der Frist für "neu gelieferte oder nachgebesserte Teile" vorsah, insgesamt für unwirksam erklärt. Dies würde nach Ansicht des BGH auch gelten, wenn die Klausel sich auf den Fall der Neulieferung beschränkt hätte: denn auch hier würde die Wirkung für das nachgelieferte Teil unabhängig davon gelten, was der konkrete Mangel war. Dies ist – gerade was den letzten Fall angeht – ein sehr strenger Maßstab. Es bleibt danach aber kaum noch Raum für eine wirksame AGB-Klausel. Wirksam dürfte es sein, wenn die Klausel sich auf den Neubeginn bezüglich der Mangelursache beschränkt, was aber nur wenige Vorteile gegenüber § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB bringt.
cc) Muster: Verlängerung der Verjährung, Neubeginn (Einkauf-AGB)
Rz. 200
Muster 2.45: Verlängerung der Verjährung, Neubeginn (Einkauf-AGB)
Muster 2.45: Verlängerung der Verjährung, Neubeginn (Einkauf-AGB)
Die Verjährungsfrist für Ansprüche und Rechte des Auftraggebers wegen Mängeln der _____ (Lieferungen/Leistungen) – gleich aus welchem Rechtsgrund – beträgt vier Jahre. Diese Frist gilt auch, soweit die Ansprüche mit einem Mangel nicht im Zusammenhang stehen. Die Verjährungsfrist beginnt bezüglich des zu einer Nacherfüllung führenden Mangels mit Abschuss der Nacherfüllungsmaßnahme von Neuem. Längere gesetzliche Verjährungsfristen bleiben ebenso unberührt wie weitergehende Bestimmungen über die Ablaufhemmung, die Hemmung und den Neubeginn von Fristen.