aa) Selbstbelieferungsvorbehalt
Rz. 50
Der Umfang einer Übernahme des Beschaffungsrisikos ergibt sich (in erster Linie) aus dem Wortlaut, ggf. auch aus der Auslegung der Vereinbarung. I.d.R. muss der Verkäufer (nur) für die "typischen" Beschaffungshindernisse einstehen.
Weder der Kauf-RL noch dem § 276 Abs. 1 BGB ist zu entnehmen, dass der Verkäufer stets das volle Beschaffungsrisiko zu übernehmen hat. Die Einschränkung des Beschaffungsrisikos ist also auch in AGB möglich, sie ist indes an § 308 Nr. 3 und Nr. 8 BGB zu messen. An den – grundsätzlich somit zulässigen – Selbstbelieferungsvorbehalt legte die Rechtsprechung zudem seit langem strenge Maßstäbe an. Danach erfordert er:
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den rechtsverbindlichen Abschluss eines "kongruenten Deckungsgeschäfts" des Verkäufers vor Eingehen des Verkaufsgeschäfts; |
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dass der Verkäufer von einem Lieferanten unvorhersehbar "im Stich gelassen" wurde; |
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dass der Verkäufer für eigenes Verschulden unverändert haftet; |
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dass im Falle des Ausfalls der Zulieferung der Verkäufer nicht "automatisch"“ von seiner Leistungspflicht frei wird, sondern erst nach einer Erklärung gegenüber dem Käufer (Rücktritt); |
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dass der Verkäufer den Käufer unverzüglich über die eigene Nicht-Belieferung informiert und dem Käufer unverzüglich die Gegenleistung erstattet (siehe § 308 Nr. 8 BGB) und |
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dass die Verkauf-AGB diese Voraussetzungen in der Klausel deutlich formulieren. |
Hat der Verkäufer also einen Selbstbelieferungsvorbehalt in Verkauf-AGB wirksam vereinbart, so muss er im Rahmen dieser Klausel auch nicht für die Folgen der durch diesen Vorbehalt gedeckten Nichtbelieferung haften. Vorsorglich sollte der Fall, dass der Lieferant den Ausfall des Zulieferanten zu vertreten hat, ausgenommen werden.
bb) Beweislastumkehr bezüglich des Vertretenmüssens
Rz. 51
Nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB obliegt es dem Schuldner, im Falle von Pflichtverletzungen den inzidenten Verschuldensvorwurf zu widerlegen. In Verkauf-AGB gegenüber einem Verbraucher ist ein Abweichen von dieser gesetzlichen Beweislastregel nicht wirksam, § 309 Nr. 12 lit. a BGB.
cc) Unverbindlichkeit der Lieferfristen
Rz. 52
Der Wunsch nach möglichst unverbindlichen Lieferfristen hingegen kollidiert mit § 308 Nr. 1 BGB, wonach nicht hinreichend bestimmte (oder unangemessen lange) Fristen für die Leistungserbringung des Verwenders unwirksam sind. Allerdings lässt die Rechtsprechung bestimmte Einschränkungen zu:
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AGB-Angaben des Liefertermins "i.d.R." sollen unwirksam sein. Der durchschnittliche Kunde verstehe dies so, dass für den – nicht näher beschriebenen – Ausnahmefall auch eine längere Frist hinzunehmen sei. |
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Sog. "ca."-Fristen sind zulässig, weil der Kunde nach Eintritt des ca.-Termins den Verwender durch Mahnung in Verzug bringen kann. |
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Darüber hinaus hat der BGH es akzeptiert, bei nach den AGB unverbindlichen Lieferterminen (bzw. -fristen) die Fälligkeit der Lieferung an eine (weitere) Fristsetzung des Kunden (sog. unechte Nachfristen) zu koppeln. Diese Fristsetzung führt ihrerseits noch nicht zum Verzug, sondern überhaupt erst zur Fälligkeit des Lieferanspruchs. Jetzt erst kann der Verkäufer durch einfache Mahnung in Verzug gesetzt oder ihm eine Frist nach § 281 Abs. 2 BGB gesetzt werden. Solche unechte Nachfristen dürften auch mit ca.-Fristen kombinierbar sein. Unechte Nachfristen sind nach § 308 Nr. 1 BGB zu prüfen, nicht nach § 308 Nr. 2 BGB ("echte Nachfristen"). Für die Frage der zulässigen Länge solcher unechter Nachfristen sind die für den jeweiligen Geschäftszweig üblichen Herstellungs-/Beschaffungszeiten maßgebend. Dabei müssen i.d.R. die Länge der ursprünglichen (unverbindlichen) Lieferfrist und der unechten Nachfrist zusammen betrachtet werden. Bei dem Verkauf von Einbauküchen hielt der BGH eine solche unechte Nachfrist v... |