Rz. 112
Sowohl das Recht des Käufers, gem. §§ 437 Nr. 2, 441 BGB den Kaufpreis zu mindern, als auch der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB setzen – wenn nicht einer der gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestände eingreift – voraus, dass der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat. Außer in den Fällen des § 281 Abs. 2 und des § 323 Abs. 2 BGB bedarf es der Fristsetzung nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gem. § 439 Abs. 4 BGB verweigert oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. Der Käufer kann also – beim Verbrauchsgüterkauf unabdingbar – zunächst wählen, ob er Nachlieferung ("Austausch") oder Nachbesserung ("Reparatur") wünscht. Eine Nachbesserung ("Reparatur") gilt gem. § 440 BGB nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt. Beim Verbrauchsgüterkauf kann von dieser Bestimmung gem. § 476 Abs. 1 BGB nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden.
Sofern es bei dieser gesetzlichen Lage überhaupt eine Gestaltungsmöglichkeit gibt, beschränkt sich diese somit auf die Ausgestaltung des gesetzlichen Vorbehalts, wann sich im Falle der Nachbesserung ("Reparatur") "aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt". Dies allerdings hat die Rechtsprechung schon früh mit Verweis auf die damals nach dem AGBG noch geltenden Maßgaben abgelehnt. Wie viele Nachbesserungsversuche der Käufer bei einer formularmäßig vereinbarten Nachbesserungsklausel hinnehmen muss, bevor die Nachbesserung nach § 440 BGB als gescheitert gilt, lässt sich angesichts der Vielgestaltigkeit der denkbaren Fälle nicht im Vorhinein schematisch festlegen. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Gebots von Treu und Glauben. Maßgebend sind insbesondere die Art des Kaufgegenstands und des Mangels (§ 440 BGB), die Gründe für das Scheitern eines vorangegangenen Nachbesserungsversuchs sowie die für den Kunden mit weiteren Versuchen verbundenen Nachteile. Alle möglichen Fallgestaltungen in der Klausel zu erfassen, ist somit nicht rechtssicher möglich. So wird bei technisch aufwendigen und komplizierten Geräten naturgemäß eine Zahl von drei, ausnahmsweise auch mehr Nachbesserungsversuchen dem Käufer eher zuzumuten sein als bei einfachen Geräten, von denen im allgemeinen ein problemloser Einsatz erwartet werden kann.
Eine absolute Festlegung der Zahl der Nachbesserungsversuche scheitert damit an § 307 Abs. 2 BGB, es sei denn, der Kaufgegenstand ist festgelegt und lässt die definierte Zahl der Versuche als angemessen erscheinen. In den Liefer-AGB dürfte es zulässig sein, bei typischerweise technisch anspruchsvollen Produkten (z.B. Fernsehgeräte, Computer) – unabhängig von den Umständen des Einzelfalls – dem Verkäufer einen zweiten Nachbesserungsversuch zuzugestehen. Da es hierbei aber nur um die Konkretisierung des Begriffs "Fehlschlagen" geht (und nur darum gehen kann), stehen dem Käufer die Rechte "ungekürzt" zu, wenn ein anderer Fall der §§ 440 S. 1, 281 Abs. 2 BGB gegeben ist oder wenn der Käufer Neulieferung verlangt. Denn dieses Recht kann beim Verbrauchsgüterkauf nach § 476 Abs. 1 BGB nicht ausgeschlossen werden.