aa) Rechtliche Grundlagen

 

Rz. 127

Auch gegenüber Verbrauchern sind Rechtswahlklauseln bei grenzüberschreitenden Sachverhalten im Grundsatz zulässig. Sie können zwar die aus der Rom I- (und Rom II-) Verordnung und dem EGBGB (z.B. Art. 46b) folgenden Geltungs-Einschränkungen nicht aushebeln, müssen diese aber andererseits auch gegenüber Verbrauchern nicht ausdrücklich erwähnen, es sei denn, dies würde dazu führen, dass der Verbraucher sonst in die Irre geführt würde.[222] Unklar ist, inwieweit das AGB-Recht Anforderungen an Rechtswahlklauseln stellt. Nach Streichung des § 10 Nr. 8 AGBG a.F. in 1986, der für Rechtswahlklauseln im Rahmen der Inhaltskontrolle ein "anerkennenswertes Interesse" an der Rechtswahl vorsah, dürfte wohl weder eine Anwendung des Überraschungsschutzes (§ 305 Abs. 1 BGB) noch der §§ 307 ff. BGB gegeben sein.[223] Dies bedeutet, dass Rechtswahlklauseln in AGB – auch gegenüber Verbrauchern – keiner speziellen AGB-Inhaltskontrolle mehr unterliegen. Gem. Art. 20 Rom I-VO ist eine Rechtswahl jedenfalls im Bereich der vertraglichen Schuldverhältnisse als Sachverweisung zu verstehen.[224] Jedoch könnte dies (gerade auch unter einem anderen IPR) auch als umfassender Verweis auf das genannte (deutsche) Kollisionsrecht (EGBGB) angesehen werden. Um andererseits dem Vorwurf zu begegnen, dass durch eine umfassende Ausnahme des IPR auch die zwingenden Schutzregelungen des Internationalen Privatrechts ausgeschlossen würden, sollte in der Klausel lediglich ein Ausschluss der "Verweisungsnormen" des IPR vorgesehen werden.[225]

Das sog. UN-Kaufrecht ("(Vienna) Convention on Contracts for the International Sale of Goods" = CISG) gilt als eine Art "internationales BGB" im Verhältnis zu Vertragspartnern in zahlreichen Staaten, kann aber – auch in AGB – ausdrücklich ausgeschlossen werden.[226]

[222] EuGH v. 28.7.2016 – C-191/15, NJW 2016, 2727 (2. Aussage und Nr. 71).
[223] Für Anwendbarkeit unter dem neuen IPR-Recht: BGH v. 19.7.2012 – I ZR 40/11, GRUR 2013, 421 (LS b, Nr. 29 ff.), 32 ff; MüKo/Martiny, Art. 6 Rom I-VO Rn 41. Gegen Anwendbarkeit: Mankowski, RIW 1996, 1001, 1002; Sieg, RIW 1997, 816.
[224] Siehe Palandt/Thorn, Rom I Art. 20 Rn 1.
[225] Krit. zur Erwähnung der "Kollisionsnormen" oder "Verweisungsnormen" siehe Mallmann, NJW 2008, 2953 ff.
[226] Vgl. Erman/Hohloch, Vor Rom I Rn 14: "abdingbar" (ohne Differenzierung nach AGB/Individualvertrag).

bb) Muster: Rechtswahl (Verkauf-/Einkauf-AGB)

 

Rz. 128

Muster 2.24: Rechtswahl (Verkauf-/Einkauf-AGB)

 

Muster 2.24: Rechtswahl (Verkauf-/Einkauf-AGB)

Es gilt deutsches Recht ohne die Verweisungsnormen des Internationalen Privatrechts und unter Ausschluss des UN-Kaufrechts.

Nach Art. 6 Abs. 2 der Rom I-Verordnung werden hierdurch die zwingenden Vorschriften des Rechts im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts [des Käufers], der Verbraucher ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU-Staat oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) hat ("Aufenthaltsstaat"), nicht berührt, wenn [der Verwender]

a) seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in dem Aufenthaltsstaat ausübt oder

b) eine solche Tätigkeit auf irgendeiner Weise auf diesen Aufenthaltsstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Aufenthaltsstaats, ausrichtet.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?