Rz. 17

Auf Grund der unmittelbaren Ableitung seiner Rechte vom Erben unterliegt der Testamentsvollstrecker auch im Verhältnis zu minderjährigen Erben keiner Kontroll- oder Anordnungsfunktion durch das Familien- oder Betreuungsgericht.[39]

Nimmt ein Elternteil eine Doppelrolle wahr als Testamentsvollstrecker für den minderjährigen Erben einerseits und als dessen gesetzlicher Vertreter andererseits, so stellt sich die Frage, ob ein Ergänzungspfleger im Sinne des § 1909 BGB mit dem Aufgabenkreis der Wahrnehmung der Rechte des Kindes (Betreuten) gegenüber dem als Testamentsvollstrecker berufenen Elternteil (Betreuer) verlangt werden kann. Eine einheitliche Linie in Literatur und Rechtsprechung hatte sich lange Zeit nicht herausgebildet.

 

Rz. 18

In der Literatur wurde angenommen, das Familienrecht schütze den minderjährigen Erben ausreichend über § 1640 BGB, wonach der Testamentsvollstrecker-Elternteil das von ihm zu erstellende Nachlassverzeichnis dem Familiengericht vorlegen muss, soweit der Wert 15.000 EUR übersteigt und der Erblasser nicht eine abweichende Bestimmung getroffen hat. Weiterhin wurde erbrechtlich dahingehend argumentiert, dass der Erblasser mit der Berufung des Elternteils als Testamentsvollstrecker zu erkennen gegeben hat, dass er ihm ein besonderes Vertrauen entgegenbringt. Dies spricht dafür, einen Ergänzungspfleger nicht für erforderlich zu halten.[40]

 

Rz. 19

Die Rechtsprechung war lange Zeit uneinheitlich. Teilweise wurde – ohne nähere Begründung – konstatiert, der Interessengegensatz sei so groß, dass ein Ergänzungspfleger bestellt werden müsse,[41] teilweise wurde auf den Einzelfall abgestellt.[42]

Der Streit wurde durch den BGH entschärft. Er geht davon aus, dass keine generelle Pflicht zur Bestellung eines Ergänzungspflegers besteht, sondern diese Frage im Rahmen tatrichterlicher Verantwortung im Einzelfall zu entscheiden ist.[43] Diese Auffassung verdient Zustimmung. Letztendlich handelt es sich auch hier wiederum um eine Entscheidung, in der sich der freie Wille des Erblassers, wie mit seinem Vermögen umzugehen ist, gegenüber ordnungspolitischen Erwägungen durchsetzt.

[39] Vgl. J. Mayer, in: Mayer/Bonefeld, Testamentsvollstreckung, § 2 Rn 14.
[40] Löhnig, Testamentsvollstreckung in Europa, 2018, 11.
[42] OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.3.1976 – 20 W 854/75.

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