Rz. 10

Hierunter sind Fälle zu verstehen, bei denen der Interessenkonflikt auf Dauer offenkundig ist. Hat der Erblasser zur Wahrung der Rechte des Nacherbens gemäß § 2222 BGB einen Nacherbenvollstrecker eingesetzt, so liegt es auf der Hand, dass jedenfalls die Person des alleinigen Vorerben als Nacherbentestamentsvollstrecker ausscheidet, da er ansonsten sich selbst kontrollieren müsste.[31] In der modernen Literatur wird in solchen Fällen jedoch auch auf den konkreten Erblasserwillen abgestellt. Kann der letztwilligen Verfügung entnommen werden, dass sich der Erblasser des Interessenkonflikts bewusst war, und hat er ihn gleichwohl in Kauf genommen, bspw. weil er der Meinung war, der Testamentsvollstrecker werde diesen Interessenkonflikt sachgerecht lösen, soll die Anordnung gleichwohl wirksam sein. Diese Auffassung verdient grundsätzlich Zustimmung, stellt sie doch den konkreten Erblasserwillen in den Vordergrund, der gegenüber einer abstrakten Betrachtungsweise den Vorzug verdient. In der Praxis ergibt sich allerdings das Problem, dass der Erblasser in aller Regel die Interessenkonfliktlage gar nicht zu erkennen in der Lage ist.[32]

 

Gestaltungshinweis

Der Ausschluss eines Interessenkonfliktes in der Person des Testamentsvollstreckers ist sicherlich das in erster Linie gebotene Gestaltungsmittel. Lässt sich dieses nicht um- oder durchsetzen, empfiehlt es sich, in der letztwilligen Verfügung auf den bestehenden besonderen Erblasserwillen ausdrücklich hinzuweisen.

 

Rz. 11

Scheidet im Fall einer Interessenkollision der einzige Testamentsvollstrecker aus, so ist zu prüfen, ob nach dem Erblasserwillen nicht möglicherweise die Anordnung der Testamentsvollstreckung durch Einsetzung eines vom Nachlassgericht zu bestimmenden Testamentsvollstreckers aufrechterhalten werden muss. Letztendlich entscheidet hierüber die Auslegung des konkreten Testaments. Häufig wird ein stillschweigendes Ersuchen des Erblassers zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers anzunehmen sein.[33]

[31] Löhnig, Testamentsvollstreckung in Europa, 2018, 10–12.
[33] Vgl. OLG München, Beschl. v. 23.1.2009 – 31 Wx 116/08; OLG Köln, Beschl. v. 30.1.1998 – 2 Wx 68/97.

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