Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
I. Trennung von Nachlass und Privatvermögen
Rz. 21
Durch die Regelungen der §§ 2205, 2211 BGB wird bei angeordneter Testamentsvollstreckung den Erben die Verfügungsbefugnis über den Nachlass entzogen. Hierin dokumentiert sich eine wesentliche Grundfunktion der Testamentsvollstreckung: Die Trennung des Nachlasses vom Privatvermögen des Erben.
Die vorbezeichneten Vorschriften werden ergänzt durch § 2214 BGB. Danach reichen die Rechte der persönlichen Gläubiger des Erben (auch Eigengläubiger genannt) nicht weiter als die Rechte des Erben am Nachlass selbst. Durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung ist es daher möglich, die persönlichen Gläubiger des Erben für die Dauer der Testamentsvollstreckung vom Nachlass fern zu halten. Auf die Haftung des Nachlasses gegenüber Nachlassgläubigern hat die Vorschrift des § 2214 BGB hingegen keine Auswirkung.
II. Zugriffsbeschränkungen der Eigengläubiger
Rz. 22
Das Zugriffsverbot der Privatgläubiger eines Alleinerben auf den der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlass ist umfassend. Die Eigengläubiger des Erben können keine Zwangsvollstreckung in den Nachlass betreiben. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sind nach § 748 ZPO wegen Fehlens eines gegen den Testamentsvollstrecker ergangenen Urteils nicht möglich. Eine gleichwohl vorgenommene Vollstreckungsmaßnahme ist jedoch nicht nichtig, sondern nur fehlerhaft. Folglich muss der Testamentsvollstrecker gegen sie mit der Erinnerung nach § 766 ZPO vorgehen, ggf. kommt auch die Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO in Betracht.
Praxishinweis
Die Wirkungen des § 2214 treten bereits ab dem Erbfall ein, selbst wenn der Testamentsvollstrecker sein Amt noch nicht angetreten hat.
Rz. 23
Differenzierter ist die Rechtslage bei Miterben zu sehen. Unterliegt ein Miterbenanteil der Testamentsvollstreckung, so kann der Miterbe gemäß § 2033 Abs. 1 S. 1 BGB unabhängig von der angeordneten Testamentsvollstreckung über seinen Anteil am Nachlass persönlich verfügen. Daher können Privatgläubiger gem. § 859 Abs. 2 ZPO den Erbteil pfänden. Hierdurch besteht grundsätzlich die Möglichkeit, über die Pfändung die Auseinandersetzung des Nachlasses herbeizuführen. Anders sieht es jedoch aus, wenn der Erblasser neben der Testamentsvollstreckung ein Auseinandersetzungsverbot nach § 2044 BGB angeordnet hat. Durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung hat der Erblasser den Miterben die Befugnis zur Verfügung über die der Vollstreckung unterliegenden Bestandteile seines Nachlasses entzogen und so gegen eine Verfügung der Miterben gesichert, die seinem Willen widerspricht. Hierüber können sich die Miterben nicht ohne Zustimmung des Testamentsvollstreckers hinwegsetzen. Ein Anspruch eines Miterben auf ein solches Handeln des Testamentsvollstreckers kommt nicht in Betracht. Folglich können in einer solchen Konstellation auch die Gläubiger eines Miterben dieses nicht fordern.
Praxishinweis
Bei der Gestaltung entsprechender Regelungen ist größte Vorsicht geboten. Fehler lassen sich nachträglich nicht mehr korrigieren. Eine nachträgliche Vereinbarung der Miterben, die Auseinandersetzung zu unterlassen, genügt nach BGH nicht. Gleiches gilt für ein bloßes Auseinandersetzungsverbot des Erblassers ohne Anordnung der Testamentsvollstreckung.
III. Zugriffsbeschränkungen in der Insolvenz
Rz. 24
Die Zugriffsbeschränkung setzt sich auch im Insolvenzfall des Erben durch. Zwar fällt der Nachlass mit dem Erbfall vorläufig und mit der Annahme der Erbschaft endgültig in die Masse. Die Testamentsvollstreckung besteht allerdings auch während des Insolvenzverfahrens fort mit der Folge, dass die Verfügungsbeschränkung des Erben nach § 2211 BGB auch für den Insolvenzverwalter gilt. Folglich können die Erbengläubiger des Erben keine Befriedigung aus den der Testamentsvollstreckung unterliegenden Gegenständen verlangen, § 2214 BGB. Der Testamentsvollstrecker verwaltet im Rahmen seiner Befugnisse den Nachlass und verfügt über die Nachlassgegenstände. Bis zur Beendigung der Testamentsvollstreckung kann daher der Insolvenzverwalter den Nachlass nicht verwerten. Erst danach unterliegt er seinem Verwertungsrecht.
Praxishinw...