Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 232
Nach § 720a ZPO hat der Gläubiger die Möglichkeit, mit einem Urteil oder einem sonstigen Titel nach § 795 ZPO, welches lediglich gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt wurde, die Sicherungsvollstreckung zu betreiben. Die Vorschrift schützt als Ausnahme von § 751 Abs. 2 ZPO die Interessen des Gläubigers, indem sie ihm ermöglicht, die Vollstreckung mit rangwahrender Wirkung schon vor der Sicherheitsleistung durchzuführen. Der Schuldner wiederum ist dadurch geschützt, dass die Vollstreckung nicht endgültig ist. Der Schuldner seinerseits ist befugt, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit wegen des Hauptanspruchs abzuwenden, wegen dessen der Gläubiger vollstrecken kann, wenn dieser nicht vorher die ihm obliegende Sicherheit geleistet hat, § 720a Abs. 3 ZPO.
Rz. 233
Zulässig ist die Sicherungsvollstreckung im Falle der Verurteilung des Schuldners zu einer Leistung von Geld und wenn das Urteil nach §§ 709, 712 Abs. 2 S. 2 ZPO gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt worden ist oder nach § 709 S. 3 ZPO die weitere Vollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht wurde. Urteile nach § 711 ZPO sind von § 720a ZPO nicht mit umfasst, da der Gläubiger in der Konstellation der Abwendungsbefugnis des Schuldners durch die hinterlegte Sicherheit in ausreichendem Maße geschützt ist. Die Vorauspfändung für künftig fällige Unterhaltsansprüche ist zulässig. Dies dürfte aber nach der Einführung des FamFG überholt sein, weil mit Wirksamkeit der Entscheidung vollstreckt werden kann.
Rz. 234
Hinweis
Die Sicherungsvollstreckung kann auch aus Urteilen betrieben werden, durch die der Schuldner zur Duldung der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung verurteilt worden ist.
Rz. 235
Dem Gläubiger werden zwei Möglichkeiten der Sicherungsvollstreckung eingeräumt:
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Er kann in das bewegliche Vermögen des Schuldners pfänden, § 720a Abs. 1a ZPO. Eine Verwertung der gepfändeten Gegenstände darf aber erst nach formeller Rechtskraft des Urteiles oder nach Leistung der Sicherheit durch den Gläubiger erfolgen, § 720a Abs. 1 S. 2 ZPO. Bis dahin hat der Gläubiger ein Pfandrecht an den durch den Gerichtsvollzieher gepfändeten Gegenständen. HinweisWerden tatsächlich wertvolle Gegenstände des Schuldners gepfändet, empfiehlt es sich, Sicherheit zu leisten, weil deren Verwahrung regelmäßig kostenintensiv ist und durch den Zeitablauf ggf. auch ein Wertverlust eintritt, wie etwa beim Pkw. Ggf. zwingt diese Verfahrensweise den Schuldner auch seinerseits zur Leistung einer Abwendungssicherheit, die den Gläubiger dann hinreichend sichert. |
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Die zweite Möglichkeit besteht in der Eintragung einer Sicherungshypothek bzw. Schiffshypothek, daher in einer Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, § 720a Abs. 1b ZPO. Auch hier ist eine Verwertung des Grundstückes durch § 720a Abs. 1 S. 2 ZPO bis zur Leistung der Sicherheit bzw. zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens ausgeschlossen. |
Rz. 236
Im Antrag nach § 720a ZPO, der auf eine Sachpfändung oder die Eintragung einer Hypothek gerichtet ist, muss der Gläubiger kenntlich machen, dass es sich um eine Sicherungsvollstreckung handelt.
Für die Sicherungsvollstreckung nach §§ 720a, 750 Abs. 3 ZPO bedarf es der Zustellung der Vollstreckungsklausel nur in den Fällen des § 750 Abs. 2 ZPO.
Rz. 237
Hinweis
Die Rechtsanwaltsgebühren richten sich nach Nrn. 3309 ff. VV RVG. Darüber hinaus entstehen je nach gewählter Vollstreckungsart Gerichtsvollzieherkosten.
Rz. 238
Tipp
Die Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO sollte grundsätzlich bei den Überlegungen des Ob und Wie der Zwangsvollstreckung einbezogen werden. Sie hat für den Gläubiger den Vorteil, dass er keine Sicherheit zu leisten braucht. Sie verhindert, dass der Schuldner Haftungsmasse beiseiteschafft, und schützt den Gläubiger vor dem Vermögensverfall des Schuldners. Das aus Gründen des Zahlungsaufschubs bzw. der Furcht vor der Zwangsvollstreckung eingelegte Rechtsmittel des Schuldners verfehlt so seine Wirkung. Darüber hinaus wird der Schuldner – nach Einleitung der Sicherungsvollstreckung – in einigen Fällen Sicherheit leisten, um die Pfändung zu verhindern. Diese Möglichkeit wird ihm durch § 720a Abs. 3 ZPO eingeräumt und führt im Ergebnis ebenfalls zum Schutz des Gläubigers.
Rz. 239
Es ist anerkannt, dass der Schuldner auch im Falle der Sicherungsvollstreckung bei Vermögenslosigkeit die Vermögensauskunft abgeben muss. Dies stellt möglicherweise sogar das stärkere Druckmittel gegenüber dem Schuldner dar und trifft ihn härter als die meist erfolglose Sachpfändung. Ihr kann also der Vorzug zu geben sein, wenn nicht auf einen ganz konkret pfändbaren Gegenstand verwiesen werden kann.
Rz. 240
Tipp
Der Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft hat sich ohnehin als "Standardantrag" in der Zwangsvollstreckung herausgebildet, so dass deren Abnahme die Vergleichsbereitschaft des Schuldners früh fördern und die Informationsbeschaffung zeitnah beginnen...