Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 143
Die Sicherheitsleistung hat die Funktion die Vollstreckung zu ermöglichen, wenn ein Urteil gegen Sicherheitsleistung für vollstreckbar erklärt wurde oder sie zu blockieren, wenn der Schuldner die Vollstreckung abwenden darf, indem er Sicherheit leistet, §§ 709, 707, 708, 719, 732 Abs. 2, 766 Abs. 1 S. 2, 769, 771 Abs. 3, 921 Abs. 2, 924 Abs. 3, 927 Abs. 1 ZPO. Diese Regelungen gehen dem vorläufigen Rechtsschutz nach §§ 916 ff. und §§ 935 ff. ZPO vor. Die Art der Sicherheitsleistung bestimmt das Gericht nach freiem Ermessen (§ 108 Abs. 1 ZPO). Der Antrag auf Gewährung der Sicherheit durch eine Bankbürgschaft ist nicht notwendig. In der Regel trifft das Gericht keine konkrete Bestimmung über die Art der Sicherheit. Nach § 108 Abs. 1 S. 2 ZPO ist die Sicherheitsleistung durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld oder mündelsicheren Wertpapieren (§ 234 Abs. 1 und Abs. 3 BGB) zu leisten.
Rz. 144
Die Höhe der Sicherheitsleistung muss wegen des Schutzzweckes der Sicherheitsleistung die gesamte vollstreckbare Forderung und weitere mögliche nach § 717 Abs. 2 ZPO ersatzfähige Schäden umfassen.
Rz. 145
Hinweis
Der Gläubiger hat 10.000,00 EUR eingeklagt. Das Urteil gibt seinem Zahlungsantrag statt. Der Tenor hinsichtlich der Vollstreckbarkeit lautet daher: "Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 11.000,00 EUR (alternativ: 110 % des zu vollstreckenden Betrages) vorläufig vollstreckbar."
Rz. 146
Zu den ersatzfähigen Schäden, die bei der Bemessung der Sicherheitsleistung herangezogen werden, gehören die Hauptforderung, Nebenforderungen insbesondere der Zinsschaden und die Kosten des Verfahrens, d.h. die Gerichts- und Rechtsanwaltskosten.
(1) Art und Weise der Sicherheit
Rz. 147
Im Falle der Hinterlegung zahlt der Sicherheit Leistende die Sicherungssumme bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts ein. In diesem Antrag sind anzugeben:
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Personalien und Adresse, |
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welche Summe hinterlegt wird, |
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aufgrund welcher Entscheidung des Gerichts der Einzahlende dies tun will, |
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wer zum Empfang der Sicherheit berechtigt sein soll (i.d.R. der Einzahlende und derjenige, zu dessen Gunsten sie erbracht wird), |
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Zweck der Hinterlegung: Abwendung oder Durchführung der Zwangsvollstreckung. |
Rz. 148
Der Rechtspfleger ordnet nach dem HintG der Länder an, dass die Hinterlegung erfolgen darf. Danach wird die Sicherheitssumme bei der Gerichtskasse einbezahlt. Der Einzahlende erhält eine Quittung.
Die gleichen Voraussetzungen gelten für die Hinterlegung von Wertpapieren.
Die Bürgschaftserklärung eines Kreditinstitutes muss schriftlich erteilt werden, unwiderruflich, unbedingt und selbstschuldnerisch sein. In der Bürgschaftsurkunde muss der im Anspruch genannt werden, der gesichert werden soll.
Rz. 149
Tipp
Beide gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren sind umständlich und verursachen weitere Kosten. Grundsätzlich bleibt es den Parteien unbenommen, die Art und Weise der Erbringung einer Sicherheitsleistung untereinander zu regeln (siehe Wortlaut § 108 Abs. 1 S. 2 ZPO). Insbesondere, wenn der Schuldner die Sicherheit zu leisten hat, bietet es sich an, dass er die Sicherungssumme auf ein Anderkonto seines Prozessbevollmächtigten oder des Prozessbevollmächtigten des Gläubigers einzahlt unter Verzicht auf die Rückzahlung und dieser die Einzahlung gegenüber dem Gegner schriftlich bestätigt und nachweist. Eine solche Vereinbarung kann bereits vor Erlass des Urteils getroffen und dann dementsprechend beantragt werden, oder sie wird nach Erlass des Urteils vereinbart. In der Praxis funktioniert diese Handhabung problemlos. Der Anwalt sollte sich aber bewusst sein, dass hier durchaus das theoretische Risiko einer Veruntreuung durch den gegnerischen Kollegen gegeben ist, und die Zustimmung des Mandanten einholen.
(2) Nachweis der Sicherheitsleistung
Rz. 150
Der Nachweis der Sicherheitsleistung durch den Gläubiger im Falle der §§ 709, 711 und 712 Abs. 2 ZPO erfolgt gemäß § 751 Abs. 2 ZPO. Die Vorschrift gilt für Urteile (§ 704 Abs. 1 ZPO) und über § 795 ZPO auch für alle anderen Titel (§ 794 Abs. 1 ZPO) der ZPO. Sonderregelungen gegenüber § 751 ZPO ergeben sich aus § 720a ZPO (Sicherungsvollstreckung), § 752 ZPO (Teilvollstreckung) und § 850d Abs. 3 ZPO (Vorratspfändung).
Im Falle der Hinterlegung eines Geldbetrages erhält der Hinterlegende eine Quittung, die er bei dem Antrag auf Einleitung der Zwangsvollstreckung dem Vollstreckungsorgan übergibt.
Im Falle der Sicherheits...