Rz. 81
Wurde keine Gebühr vereinbart, ist diese unter Berücksichtigung der Obergrenze nach den Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG zu bestimmen, auf den ausdrücklich verwiesen wird. Der Anwalt hat daher die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Haftungsrisiko ist dabei ebenfalls zu berücksichtigen. Dies führt in verschiedenen Richtungen zu Problemen. Bei entsprechendem Umfang, Schwierigkeit oder Bedeutung der Sache kann aufgrund der Deckelung ohne Vereinbarung keine angemessene Vergütung erlangt werden.
Aber auch bei geringen Gegenstandswerten kann der Anwalt in die Falle tappen. Obwohl dieser nach § 14 RVG allenfalls über die Bedeutung der Sache und die Abwägung im Einzelfall Eingang in die Bemessung findet, da eine Abrechnung der Beratung nach Gegenstandswert seit 2006 gesetzlich gerade nicht mehr vorgesehen ist, hat das AG Stuttgart in einer im Schrifttum stark kritisierten Entscheidung die Auffassung vertreten, dass eine anwaltliche Gebührenbestimmung für die gegenüber einem Verbraucher entstandenen Vergütungsansprüche einer Erstberatung nicht der Billigkeit entspreche, wenn sie rein zeitabhängig und ohne Berücksichtigung des Gegenstandswerts erfolge. Die angemessene Gebühr sei daher in Anlehnung an den Gebührentatbestand der Nr. 2100 VV RVG (in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung) zu bestimmen, da auf eine Verknüpfung der Gebührenhöhe mit dem Streitwert nicht verzichtet werden könne. Dem Anwalt wurden danach 48,20 EUR zugesprochen. Ob eine solche Rechtsauffassung angesichts des Wortlauts der Regelung auch vor den Obergerichten Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Dennoch sollte der Anwalt sie als mahnendes Beispiel im Kopf behalten und auch hier den sichersten Weg des Abschlusses einer – nachweisbaren – Gebührenvereinbarung gehen. Denn auch den Grundsatz des BGH, wonach der Rechtsanwalt seinem Auftraggeber zwar grundsätzlich keinen Hinweis auf die Höhe der anfallenden Gebühren erteilen muss, sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) jedoch eine Pflicht zur unaufgeforderten Belehrung des Auftraggebers über die voraussichtliche Höhe seiner Vergütung ergeben könne, wenn er nach den Umständen des Einzelfalles ein entsprechendes Aufklärungsbedürfnis erkennen konnte und musste, sollte man nicht aus dem Auge verlieren. Eine Vereinbarung sollte sich zur eigenen Sicherheit insbesondere auch dann aufdrängen, wenn aufgrund des geringen Gegenstandswertes eine Geschäfts- oder Verfahrensgebühr geringer wäre als die voraussichtliche Gebühr für die Beratung.
Rz. 82
Praxistipp
Im Falle eines Beratungsauftrages sollte unbedingt eine – nachweisbare – Gebührenvereinbarung getroffen werden, unabhängig davon, ob der Mandant Verbraucher oder Unternehmer ist. Nur so ist gewährleistet, dass der Anwalt für seine Beratungstätigkeit auch eine angemessene Vergütung erhält. Andernfalls ist Streit mit dem Mandanten vorprogrammiert.