Literaturhinweise:
Dürbeck/Schneider, Die Wertfestsetzung nach § 33 RVG in Familiensachen, NZFam 2021, 573; Müller-Rabe, Gegenstand im Sinne des Gebührenrechts, JurBüro 2015, 3; Onderka, ABC der Schadenspositionen: Fallgruppen für den Gegenstandswert, RVGprof. 2015, 30; Schneider, Vereinbarungen zum Gegenstandswert, AGkompakt 2020, 31; ders., Probleme der Wertfestsetzung, ZAP 2019, 453; ders., Die Wertfestsetzungsverfahren, AGkompakt 2015, 62; ders., Der Streitwert muss stimmen, AnwBl 2007, 773; Schneider/Kurpat, Streitwert-Kommentar, 2021.
Rz. 17
Nach § 2 Abs. 1 RVG werden die Gebühren, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert). In den meisten Mandaten fallen daher Wertgebühren an. § 49b Abs. 5 BRAO regelt hierzu, dass der Rechtsanwalt vor Übernahme des Auftrags darauf hinzuweisen hat, wenn sich die zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert richten. Er ist zwar grundsätzlich nicht verpflichtet, von sich aus bereits den konkreten Wert anzugeben, dennoch sollte er sich schon im Vorfeld darüber Gedanken machen. Und spätestens auf Nachfrage des Mandanten muss hierzu Auskunft gegeben werden.
Rz. 18
Mit zu den häufigsten Fragen gehört daher die nach dem Gegenstandswert. Spontan beantworten lässt sich diese relativ unproblematisch bei der Geltendmachung oder Abwehr einer bezifferten Forderung. Doch leider ist eine solche nicht bei allen Mandaten Gegenstand der Tätigkeit und daher gibt es häufig Probleme – insbesondere im außergerichtlichen Bereich. Zumal man sich hier bei Zweifeln nicht auf die Wertfestsetzung durch das Gericht zurückziehen kann. Aber auch im gerichtlichen Bereich muss man auf einigermaßen sicheren Füßen stehen. Zum einen sollte man sich nicht blind auf die Wertfestsetzung durch das Gericht verlassen, da diese in der Regel Bindungswirkung auch für die Anwaltsgebühren entfaltet und eine zu niedrige Wertfestsetzung zu erheblichen Verlusten führen kann, eine zu hohe ggf. auch zu Haftungsansprüchen. Zum anderen ist mit Antragseingang bei Gericht in der Regel der Wert anzugeben, der dann Grundlage für den Gerichtskostenvorschuss ist.
Rz. 19
Eine umfassende Behandlung der relevanten Vorschriften würde diesen Rahmen bei weitem sprengen – hierzu gibt es ganze Kommentare. Aufgrund der großen Relevanz soll jedoch die Gelegenheit genutzt werden, die Systematik der Wertbestimmung noch einmal zu verdeutlichen, da sich bereits durch deren Kenntnis viele Fehler vermeiden lassen. Zu beachten ist dabei insbesondere, dass die Befassung mit verschiedenen Gegenständen, wie bereits dargelegt, nicht automatisch zu verschiedenen Angelegenheiten führt. Daher gilt nach § 22 Abs. 1 RVG, dass in derselben Angelegenheit die Werte mehrerer Gegenstände zusammengerechnet werden. Und auch hier zeigt sich wieder die Bedeutung des Auftrags, da es – insbesondere bei unbezifferten Forderungen – auch bei der Bemessung des Gegenstandswertes auf die Vorstellungen und das Interesse des Mandanten ankommt.
I. § 23 Abs. 1 RVG
Rz. 20
Unverzichtbare Grundlage der Bestimmung des für die anwaltliche Tätigkeit maßgeblichen Gegenstandswertes ist die allgemeine Wertvorschrift in § 23 Abs. 1 RVG.
Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Auch wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist, sind in Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden.
Relevante Kostengesetze sind hierbei:
Rz. 21
Auch wenn diese Regelung vertraut ist, herrscht oft Unsicherheit bei der Bestimmung des Wertes für die außergerichtliche Tätigkeit. Hier hilft § 23 Abs. 1 S. 3 RVG weiter, wonach diese Wertvorschriften entsprechend auch für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens gelten, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte.
1. GKG (teilweise i.V.m. ZPO)
Rz. 22
Das GKG enthält zahlreiche Wertvorschriften für fast alle Gerichtsbarkeiten, mit Ausnahme der Familiensachen und freiwilligen Gerichtsbarkeit. Während sich in den §§ 39 bis 47 GKG zunächst die allgemeinen Wertvorschriften finden, enthalten die §§ 48 bis 60 GKG zusätzlich eine Vielfalt besonderer Wertvorschriften. Man muss sicher nicht alle Vorschriften aus dem "Effeff" beherrschen, es hilft aber dennoch sehr, sich in einer ruhigen Minute diese Abschnitte zu Gemüte zu führen und im Hinterkopf zu haben, um im Bedarfsfalle noch einmal nachzulesen. Hier ist oft auch die Heranziehung einer entsprechenden Kommentierung ratsam.
a) Allgemeine Wertvorschriften
Rz. 23
Bei den allgemeinen Wertvorschriften hervorzuheben sind insbesondere:
▪ |
§ 41: Miet-, Pacht- und ähnliche Nutzungsverhältnisse |
▪ |
§ 42: Wiederkehrende Leistungen |
▪ |
§ 43: Nebenforderungen |
▪ |
§ 44: Stufenklage |
▪ |
§ 45:... |