Rz. 75
Seit 2006 ist die Vergütung für die Beratung in § 34 RVG geregelt. Der Anwendungsbereich ist auf die Mandate beschränkt, in denen sich der Auftrag auf eine Beratung beschränkt. Erfolgt die Beratung im Zusammenhang mit einem Vertretungsauftrag, ist diese durch die entsprechende Geschäfts- oder Verfahrensgebühr mit abgegolten und § 34 RVG nicht einschlägig.
Rz. 76
Für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft (Beratung), die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängen, soll der Rechtsanwalt auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken, soweit in Teil 2 Abschnitt 1 VV RVG keine Gebühren bestimmt sind. Wenn keine Vereinbarung getroffen worden ist, erhält der Rechtsanwalt Gebühren nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Ist der Auftraggeber in diesem Fall Verbraucher, beträgt die Gebühr für die Beratung höchstens 250 EUR; für ein erstes Beratungsgespräch jedoch höchstens 190 EUR; § 14 Abs. 1 RVG gilt entsprechend. Wird nichts anderes vereinbart, ist die Gebühr für die Beratung auf eine Gebühr für eine sonstige Tätigkeit, die mit der Beratung zusammenhängt, anzurechnen.
Die Vorschrift bereitet in der Praxis mangels getroffener Vereinbarung auch nach all den Jahren massive Schwierigkeiten, was sich teilweise nur dadurch erklären lässt, dass einige Anwälte eine gewisse Hemmung verspüren, mit dem Mandanten vorab über die Vergütung zu sprechen. Dies kann jedoch insbesondere bei umfangreicheren Beratungsgesprächen oder hohen Gegenstandswerten schnell zu einem bösen Erwachen führen.
I. Keine gesetzliche Gebühr
Rz. 77
Schaut man sich den § 34 RVG einmal an, wird schnell klar, dass es für die Beratung – mit Ausnahme der Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels – seit 2006 keine gesetzliche Vergütung mehr gibt. Der Anwalt soll auf eine – frei auszuhandelnde – Gebührenvereinbarung hinwirken. Die Formanforderungen des § 3a Abs. 1 RVG gelten hierbei nach S. 4 nicht, aus Beweiszwecken ist eine entsprechende Fixierung jedoch unbedingt anzuraten. Wird keine Vereinbarung getroffen und auch nicht über die Vergütung gesprochen, führt dies nicht dazu, dass der Anwalt keine Vergütung fordern kann. Eine kostenlose Beratung ist zwar zulässig, aber nicht die Regel. Das AG Steinfurt hat daher in einem solchen Fall entschieden, dass auch bei einer Beratung grundsätzlich von einer entgeltlichen Tätigkeit des Anwalts auszugehen sei und diesen keine Verpflichtung zur Beratung über die Entgeltlichkeit der Tätigkeit und Höhe der Vergütung treffe. Dennoch ist dringend anzuraten, dem Appell des Gesetzgebers nachzukommen, da bei fehlender Vereinbarung vielleicht noch bei Vertretung eines Unternehmers, kaum aber bei der eines Verbrauchers eine für alle Beteiligten zufriedenstellende und konfliktfreie Abrechnung möglich ist.
II. Bemessung
Rz. 78
Wurde keine Vereinbarung getroffen, richten sich die Gebühren nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Hier taucht das erste große Problem auf. Nach § 612 Abs. 2 BGB ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen, wenn die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist. Es gilt daher das marktübliche Beratungshonorar, das ein Anwalt unter vergleichbaren Umständen (Bedeutung, Umfang und Schwierigkeit der Angelegenheit, Spezialisierung und Erfahrung, Größe der Kanzlei, Standort etc.) "üblicherweise" verlangt. Einen wirklich praktikablen Vorschlag, wie das übliche Honorar zu bestimmen ist, gibt es jedoch nicht. Hinreichende empirische Erhebungen existieren nicht. Und auch die hilfsweise Abrechnung nach dem Gegenstandswert analog der alten Beratungsgebühr nach Nr. 2100 VV RVG a.F. scheidet nach überwiegender Auffassung aufgrund der langen Übergangszeit aus.
1. Deckelung bei Verbraucher
Rz. 79
Während man bei einem Unternehmer durch Ansatz eines angemessenen Stundensatzes möglicherweise noch zu einer adäquaten Lösung gelangen kann, stößt dies bei der Vertretung eines Verbrauchers schnell an seine Grenzen. Besonders prägnant sind hier vor allem die Situationen, in denen der Anwalt mehrere Stunden in die Beratung investiert oder es sich um hohe Gegenstandswerte mit erheblichem Haftungsrisiko handelt. Denn § 34 RVG sieht eine Deckelung der Vergütung für die Beratung auf 250 EUR vor, für ein erstes Beratungsgespräch auf 190 EUR. Diese Deckelung gilt nicht bei der Vertretung eines Unternehmers und selbstverständlich auch nicht für eine vereinbarte Vergütung.
Wer Verbraucher ist, richtet sich dabei nach § 13 BGB. Die Erstberatung ist nach der Definition des BGH eine pauschale, überschlägige Einstiegsberatung. Dazu gehöre nicht, dass sich der Rechtsanwalt erst sachkundig macht oder dass er die Erstberatung schriftlich zusammenfasst. Der Höchstbetrag von 250 EUR greift unabhängig von der Anzahl und dem Umfang der Beratungsgespräche, da in der gleichen Angelegenheit auch mehrere Beratungen mit ggf. mehreren Gesprächsterminen nur eine Beratungsgebühr auslösen. Auch hier zeigt sich wieder die grundleg...