Rz. 6
Da sich das Vorliegen mehrerer Angelegenheiten erheblich auf die Höhe der Gebühren auswirkt, ist es umso problematischer, dass es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt und die Angelegenheit gesetzlich nicht definiert ist.
1. Gerichtliches Verfahren
Rz. 7
Im gerichtlichen Bereich ist die Bestimmung noch verhältnismäßig einfach. Hier gilt zunächst nach der ganz herrschenden Meinung der Grundsatz:
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ein gerichtliches Verfahren = eine Angelegenheit, |
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mehrere gerichtliche Verfahren = verschiedene Angelegenheiten. |
Bis auf ganz wenige Ausnahmen stellt daher jedes gerichtliche Verfahren eine eigenständige Angelegenheit dar, selbst wenn ein Begehren in mehreren Verfahren verfolgt wird. Dasselbe gerichtliche Verfahren ist hingegen grundsätzlich immer eine einheitliche gebührenrechtliche Angelegenheit, selbst wenn es darin um verschiedene Ansprüche von mehreren Parteien geht. Auch das BVerfG hat hierzu festgestellt, dass es für ein Tätigwerden "in derselben Angelegenheit" im gerichtlichen Verfahren regelmäßig schon genüge, dass die Begehren mehrerer Auftraggeber einheitlich in demselben Verfahren geltend gemacht werden und zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht. Dies gilt auch dann, wenn mehrere Auftraggeber einen Rechtsanwalt an unterschiedlichen Tagen beauftragen.
Rz. 8
Besondere Aufmerksamkeit sollte dabei aber auch den gesetzlichen Regelungen §§ 16 bis 19 RVG gelten. Darin hat der Gesetzgeber für bestimmte Konstellationen – fast ausschließlich für den gerichtlichen Bereich – die Frage der Angelegenheit teilweise geklärt. Während § 16 RVG die Sonderfälle regelt, in denen ausnahmsweise mehrere prozessuale Verfahren dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit sind, legen §§ 17 und 18 RVG fest, wann verschiedene bzw. besondere Angelegenheiten vorliegen. § 19 RVG regelt schließlich, welche Tätigkeiten, die mit dem Verfahren zusammenhängen, mit zum Rechtszug gehören und daher nicht gesondert abgerechnet werden können.
2. Außergerichtliche Tätigkeit
Rz. 9
Sehr viel problematischer gestaltet sich die Sache bei der außergerichtlichen Tätigkeit. Hier gibt es erhebliche Schwierigkeiten, die Ursprung vieler Gebührenstreitigkeiten sind. Die §§ 16 ff. RVG helfen dabei nicht wirklich weiter. Hervorzuheben ist allerdings die Regelung des § 17 Nr. 1a RVG, wonach das Verwaltungsverfahren und das einem gerichtlichen Verfahren vorausgehende und der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienende weitere Verwaltungsverfahren sowie das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung verschiedene Angelegenheiten sind. Dies wird häufig nicht berücksichtigt. Damit wird zwar kein Streit mit dem Mandanten ausgelöst, aber viel Geld verschenkt.
Rz. 10
Eine gesetzliche Festlegung darüber hinaus wäre wünschenswert, ist aber nicht realisierbar. Die Fallkonstellationen im außergerichtlichen Bereich sind so vielseitig, dass eine Erfassung aller Varianten unmöglich ist. Und wie in der Juristerei üblich, gilt auch hier: Es kommt darauf an! Daher bleibt es der Rechtsprechung vorbehalten, den Begriff mit Leben zu füllen. Rechtssicherheit schafft das jedoch nicht. Im Zweifel kann auch an eine Vergütungsvereinbarung zwecks Vereinbarung über die Anzahl der Angelegenheiten gedacht werden.
a) Definition des BGH
Rz. 11
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH lässt sich die Frage nach der Angelegenheit nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände beantworten, wobei insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrags maßgebend ist. Weisungsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Die Annahme einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne setzt dabei nicht voraus, dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen hat. Von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit kann vielmehr auch dann gesprochen werden, wenn der Anwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Mandanten verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen oder mehrere getrennte Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat. Denn unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, d...