1. Bewilligung
Rz. 234
Nach § 49a BRAO ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die in dem Beratungshilfegesetz vorgesehene Beratungshilfe zu übernehmen. Er kann die Beratungshilfe im Einzelfall nur aus wichtigem Grund ablehnen. Bei begründetem Anlass ist er zudem verpflichtet, auf die Möglichkeiten von Beratungs- und Prozesskostenhilfe hinzuweisen, § 16 Abs. 1 BORA. Die Erteilung des Hinweises sollte sehr ernst genommen und nachweisbar sein, da es bei späteren Einwänden seitens des Mandanten sonst zu einem erheblichen sehr schmerzlichen Gebührenverlust kommen kann, was eine Entscheidung des OLG Hamm eindrucksvoll zeigt.
Rz. 235
Die Bewilligung der Beratungshilfe ist im Beratungshilfegesetz geregelt. Dieses hat zum 1.1.2014 einige grundlegende Änderungen erfahren. Bereits im Rahmen der Bewilligung treten oft Probleme auf. Insbesondere bei nachträglicher Antragstellung läuft der Anwalt Gefahr, eine Ablehnung zu riskieren und umsonst tätig gewesen zu sein. Nach § 16a Abs. 2 BORA ist der Rechtsanwalt nicht verpflichtet, einen Beratungshilfeantrag zu stellen. In der Praxis sollte daher der Mandant dazu angehalten werden, die Bewilligung selbst zu beantragen. Ist dies aufgrund Eilbedürftigkeit oder aus anderen Gründen nicht möglich, sollte der Anwalt die Voraussetzungen von § 1 BerHG genau prüfen. Ein wenig Abhilfe schafft hier der § 8a Abs. 4 BerHG, wonach der Anwalt vom Rechtsuchenden die Vergütung nach den allgemeinen Vorschriften verlangen kann, wenn im Fall nachträglicher Antragstellung Beratungshilfe nicht bewilligt wird und der Anwalt bei Mandatsübernahme hierauf hingewiesen hat. Dieser Hinweis darf daher nicht vergessen werden. Insbesondere ist bei nachträglicher Antragstellung jedoch die 4-Wochenfrist des § 6 Abs. 2 BerHG zu beachten: Es handelt sich dabei um eine Ausschlussfrist. Versäumt der Anwalt sie aus eigenem Verschulden, kann er die Vergütung weder aus der Staatskasse noch vom Mandanten fordern.
2. Vergütung
Rz. 236
Selbst bei Vorliegen eines Beratungshilfescheines oder auch mehrerer läuft die Abrechnung nicht immer problemlos. Zum einen stellt sich auch hier die Frage nach der Anzahl der Angelegenheiten. Dabei gilt die übliche Definition – die Anzahl der Scheine gibt keine Gewissheit. Denn nach herrschender Meinung ist die Anzahl der Angelegenheiten nicht bereits bei der Bewilligung, sondern erst in der Festsetzung zu prüfen. So kann bei Erteilung eines Scheins die Vergütung durchaus mehrfach abgerechnet werden, bei Vorliegen mehrerer Scheine ggf. aber auch nur einmal.
Zum anderen gibt es oft Schwierigkeiten bei der Abrechnung einer Geschäftsgebühr. Nach § 2 Abs. 1 BerHG besteht die Beratungshilfe in Beratung und, soweit erforderlich, in Vertretung. Eine Vertretung ist erforderlich, wenn der Rechtsuchende nach der Beratung angesichts des Umfangs, der Schwierigkeit oder der Bedeutung der Rechtsangelegenheit für ihn seine Rechte nicht selbst wahrnehmen kann. Auch die Erforderlichkeit der Vertretung wird erst im Rahmen der Festsetzung geprüft. Das Risiko einer Falscheinschätzung trägt dabei der Anwalt. Im Zweifel sollte die Erforderlichkeit bereits mit dem Antrag entsprechend dargelegt werden, um Verzögerungen zu vermeiden.
Rz. 237
Für die Tätigkeit im Rahmen der Beratungshilfe erhält der Rechtsanwalt eine Vergütung nach Nrn. 2500 ff. VV RVG. Die Beratungshilfegebühr nach Nr. 2500 VV RVG schuldet nur der Rechtsuchende. In den 15 EUR ist die Umsatzsteuer bereits enthalten und kann nicht zusätzlich angesetzt werden. Für die Abrechnung der Vergütung aus der Staatskasse gilt seit 1.1.2014 Formularzwang.
Rz. 238
Der Rechtsanwalt darf bei Inanspruchnahme von Beratungshilfe von seinem Mandanten oder Dritten Zahlungen oder Leistungen nur annehmen, die freiwillig und in Kenntnis der Tatsache gegeben werden, dass der Mandant oder der Dritte zu einer solchen Leistung nicht verpflichtet ist, § 16 Abs. 2 BORA. Dies gilt auch, wenn er eine nunmehr zulässige Vergütungsvereinbarung getroffen hat, solange die Beratungshilfe nicht aufgehoben ist. Denn die Bewilligung von Beratungshilfe bewirkt, dass der Anwalt keinen Anspruch auf Vergütung mit Ausnahme der Beratungshilfegebühr geltend machen kann. Dies gilt auch in den Fällen nachträglicher Antragstellung (§ 6 Abs. 2 BerHG) bis zur Entscheidung durch das Gericht.
Rz. 239
Es besteht zudem die Möglichkeit eines Antrags auf Aufhebung der Bewilligung durch den Anwalt, wenn der Mandant durch die anwaltliche Tätigkeit etwas erlangt. Unter bestimmten Voraussetzungen ist dann nach §§ 6a, 8a BerHG die Abrechnung der gesetzlichen Gebühren oder aus einer abgeschlossenen Vergütungsvereinbarung möglich. Damit sollte man sich insbesondere dann genauer beschäftigen, wenn für den Mandanten eine Forderung geltend gemacht werden soll, die die Bedürftigkeit entfallen lassen würde.
Rz. 240
Praxistipp
Die Bewilligung von Beratungshilfe berührt einen etwaigen Erstattungsanspruch gegen die Gegenseite...