Rz. 271
Während lange Zeit die Prozessfinanzierung für Rechtsanwälte komplett verboten und die Vereinbarung eines Erfolgshonorars nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig war, wurden die Regelungen zum 1.10.2021 mit dem Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt liberalisiert.
1. Erfolgshonorar
Rz. 272
Grundsätzlich sind nach § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird oder nach denen der Rechtsanwalt einen Teil des erstrittenen Betrages als Honorar erhält (Erfolgshonorar), unzulässig, soweit das RVG nichts anderes bestimmt. Nach der erweiterten Neuregelung des § 4a Abs. 1 S. 1 RVG darf ein Erfolgshonorar vereinbart werden, wenn
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Nr. 1: sich der Auftrag auf eine Geldforderung von höchstens 2.000 EUR bezieht, |
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Nr. 2: eine Inkassodienstleistung außergerichtlich oder in einem der in § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO (Mahnverfahren, Zwangsvollstreckung) genannten Verfahren erbracht wird oder |
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Nr. 3: der Auftraggeber im Einzelfall bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. |
Bezieht sich der Auftrag auf eine unpfändbare Forderung (z.B. Unterhaltsansprüche, Sozialleistungen etc.), ist eine Vereinbarung nach § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder 2 allerdings unzulässig.
Die Möglichkeit, Beratungs- oder Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen, bleibt für die Beurteilung nach § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 außer Betracht.
In Angelegenheiten nach § 4a Abs. 1 Nr. 1 und 3 darf nur dann vereinbart werden, dass für den Fall des Misserfolgs keine oder eine geringere als die gesetzliche Vergütung zu zahlen ist, wenn für den Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag auf die gesetzliche Vergütung vereinbart wird.
Rz. 273
Nach § 4a Abs. 3 RVG sind in die Erfolgshonorarvereinbarung aufzunehmen:
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die Angabe, welche Vergütung bei Eintritt welcher Bedingungen verdient sein soll, |
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die Angabe, ob und ggf. welchen Einfluss die Vereinbarung auf die ggf. vom Auftraggeber zu zahlenden Gerichtskosten, Verwaltungskosten und die von diesem zu erstattenden Kosten anderer Beteiligter haben soll, |
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die wesentlichen Gründe, die für die Bemessung des Erfolgshonorars bestimmend sind, und |
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im Fall des Abs. 1 S. 1 Nr. 3 die voraussichtliche gesetzliche Vergütung und ggf. die erfolgsunabhängige vertragliche Vergütung, zu der der Rechtsanwalt bereit wäre, den Auftrag zu übernehmen. |
Rz. 274
Die Art des Erfolgshonorars ist nicht beschränkt. Es sind sowohl Zuschläge auf die gesetzliche Vergütung als auch quota-litis-Vereinbarungen denkbar.
Rz. 275
Die Anforderungen an die ordnungsgemäße Vereinbarung eines zulässigen Erfolgshonorars bleiben hoch und das Thema wird die Gerichte vermutlich einige Male beschäftigen, insbesondere wenn der Mandant nach erfolgreichem Mandat das Honorar als zu hoch empfindet.
2. Prozessfinanzierung
a) eigene Finanzierung
Rz. 276
Inzwischen ist auch die Prozessfinanzierung für Rechtsanwälte in (noch) allerdings sehr eingeschränktem Umfang zulässig. Nach § 49b Abs. 2 S. 2 BRAO sind Vereinbarungen, durch die sich der Rechtsanwalt verpflichtet, Gerichtskosten, Verwaltungskosten oder Kosten anderer Beteiligter zu tragen, (nur) zulässig, soweit in der Angelegenheit ein Erfolgshonorar nach § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 RVG vereinbart wird.
Rz. 277
Eine Prozessfinanzierung ist bei gleichzeitiger Vereinbarung eines Erfolgshonorars daher zulässig, wenn eine Inkassodienstleistung
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außergerichtlich, |
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im Mahnverfahren bis zur Abgabe an das Streitgericht oder |
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im Verfahren der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen mit Ausnahme von Handlungen, die ein streitiges Verfahren einleiten oder innerhalb eines streitigen Verfahrens vorzunehmen sind, |
erbracht wird.
Rz. 278
Ungeklärt ist auch hier, wann der Anwalt eine Inkassodienstleistung erbringt und wann seine Tätigkeit bzw. sein Auftrag darüber hinausgeht.
b) Fremdfinanzierung
Rz. 279
Aber auch wenn eine eigene Prozessfinanzierung nicht in Frage kommt, sollte das Thema im Hinblick auf die mögliche Einschaltung eines externen Prozessfinanzierers im Hinterkopf behalten werden. Die Finanzierung eines Rechtsstreits ist zwar grundsätzlich Sache der Mandanten, nach allgemeiner Meinung kann jedoch in bestimmten Fällen die Pflicht bestehen, diese grundsätzlich auf die Möglichkeit einer Prozessfinanzierung durch einen Prozessfinanzierer hinzuweisen. Der Anwalt ist dabei allerdings nicht verpflichtet zu prüfen, welcher Prozessfinanzierer besonders günstig ist. Ohne gesonderten Auftrag kann nicht erwartet werden, dass er umfangreiche Marktrecherchen betreibt und mehrere Prozessfinanzierer kontaktiert.
Rz. 280
Wird beabsichtigt, den Mandanten bei der Suche nach einem eigenen Prozessfinanzierer zu unterstützen, sollte hierfür eine gesonderte Vergütung vereinbart werden. Die Angebote der einzelnen Anbieter unterscheiden sich nicht nur in der Höhe der Erfolgsbeteiligung, sondern auch bei den zusätzlichen Leistun...