Literaturhinweise:
Hansens, Anfall und Erstattungsfähigkeit der Terminsgebühr im Falle einer teilweisen Klagerücknahme, AGS 2021, 60; ders., Terminsgebühr bei teilweiser einseitiger Hauptsacheerledigung, RVGreport 2014, 413; Mock, Nur Absprachen über die Beendigung des Verfahrens lösen eine Terminsgebühr aus, RVGprof. 2014, 165; Reckin, Die fiktive Terminsgebühr, NJW 2021, 3642; Schneider, Fiktive Terminsgebühr in einstweiligen Verfügungsverfahren, AGkompakt 2020, 10; ders., Fiktive Terminsgebühr in Familiensachen, AGkompakt 2019, 51 und 67; ders., Terminsgebühr im Verfahren nach § 495a ZPO, AGkompakt 2019, 99; ders., Terminsgebühr bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs in Verfahren nach Teil 3 VV außerhalb der Zivilgerichtsbarkeit, AGkompakt 2018, 113; ders., Terminsgebühr bei Säumnis des Gegners, AGS 2017, 549; ders., Die fiktive Terminsgebühr in erstinstanzlichen zivilrechtlichen Verfahren, AGS 2015, 261; ders., Mischfälle der Terminsgebühr – volle und ermäßigte Gebühr, RVGreport 2013, 82; H. Schneider, Die Zusatzgebühr der Nr. 1010 VV RVG für umfangreiche Beweisaufnahmen, JurBüro 2020, 449.
Rz. 149
Viele Unsicherheiten treten im Zusammenhang mit der Terminsgebühr auf. Die Varianten für das Entstehen sind vielfältig. Dies führt zum einen dazu, dass der Anfall aus Unwissenheit manchmal übersehen und daher eine nicht unwesentliche Gebühr verschenkt wird. Denn diese kann nicht nur für die Teilnahme an Terminen geltend gemacht werden, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch für Besprechungen oder im rein schriftlichen Verfahren. Teilweise wird die Terminsgebühr gelegentlich aber auch in Ansatz gebracht, wo sie gar nicht angefallen ist, denn nicht jedes Gespräch mit der Gegenseite löst auch eine Terminsgebühr aus.
I. Keine Terminsgebühr neben der Geschäftsgebühr
Rz. 150
Nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG entsteht die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Für den einen oder die andere stellt sich daher die Frage, ob die Terminsgebühr auch für Besprechungen im Rahmen der außergerichtlichen Vertretung neben der Geschäftsgebühr abgerechnet werden kann. Auf den ersten Blick scheint dies nicht ganz unbegründet, da das Gesetz jeweils von "außergerichtlich" spricht.
Die Antwort ist dennoch ganz klar: Kann man nicht!
Rz. 151
Während die Geschäftsgebühr in Teil 2 VV RVG geregelt ist, findet man die Terminsgebühr in Teil 3 VV RVG. Gebühren aus diesen verschiedenen Teilen können in derselben Angelegenheit nicht nebeneinander anfallen. Die Ursache für die Unsicherheit liegt vermutlich darin, dass der Begriff "außergerichtlich" sowohl im RVG selbst als auch im üblichen Sprachgebrauch zunächst im Zusammenhang mit den Gebühren nach Teil 2 für außergerichtliche Tätigkeiten gebraucht wird, d.h. für die Regelung eines rechtlichen Problems im Vorfeld eines gerichtlichen Verfahrens, um ein solches möglichst zu vermeiden. Derselbe Begriff wird dann aber auch in Teil 3 für die Terminsgebühr verwandt.
Rz. 152
Missverständnisse lassen sich vermeiden, wenn man sich die Systematik des RVG in Erinnerung ruft. Bei den Teilen 2 bis 6 VV RVG handelt es sich jeweils um völlig eigenständige Regelungsbereiche. Die in den jeweiligen Teilen geregelten Gebühren können zwar ggf. in verschiedenen gebührenrechtlichen Angelegenheiten nacheinander, nie aber nebeneinander in der gleichen Angelegenheit anfallen. Ausnahmen stellen dabei lediglich der Teil 1 VV RVG mit den Allgemeinen Gebühren und Teil 7 VV RVG mit den Auslagen dar. Bildlich lässt sich das gut mit dem klassischen Rollcontainer unter dem Büroschreibtisch vergleichen, bei dem sich die Schubladen zwar alle einzeln öffnen lassen, in der Regel aber nur nacheinander: Ist eines der Fächer offen, bleiben die anderen verschlossen.
Auch der Gesetzgeber hat mit dem 2. KostRMoG nochmal für mehr Klarheit gesorgt. Mit der Formulierung von Vorbem. 3 Abs. 1 VV RVG wird ausdrücklich betont, dass die Gebühren nach Teil 3 VV RVG, also auch die Terminsgebühr, nur dann anfallen können, wenn dem Verfahrens- bzw. Prozessbevollmächtigten ein unbedingter Verfahrensauftrag erteilt wurde. In diesem Fall fällt aber für alle Tätigkeiten bereits eine Verfahrensgebühr und keine Geschäftsgebühr mehr an.
Rz. 153
Praxistipp
Termins- und Geschäftsgebühr fallen in derselben gebührenrechtlichen Angelegenheit nie zusammen an. Die Terminsgebühr ist untrennbar mit der Verfahrensgebühr verbunden.
II. Voraussetzungen
Rz. 154
Für das Entstehen der Terminsgebühr sieht das Gesetz verschiedene Alternativen vor. Unabhängig davon, wie viele von den Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt werden, kann die Terminsgebühr nach § 15 Abs. 2 RVG in derselben Angelegenheit jedoch nur einmal gefordert werden.
1. Termine und Besprechungen
Rz. 155
Nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG entsteht die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist. Ausnahme ist die Teilnahme an einem rei...