Rz. 60

Entspricht die Kostenberechnung nicht den formellen Anforderungen des § 10 RVG, ist die Vergütung nicht einforderbar, es sei denn, der Auftraggeber hat auf eine ordnungsgemäße Berechnung verzichtet.[42] Der Rechtsanwalt kann mit seinem Mandanten vereinbaren, dass er sein Honorar einfordern und durchsetzen kann, ohne dem Mandanten eine Berechnung mit näheren Angaben mitteilen zu müssen.[43]

 

Rz. 61

Die fehlende Einforderbarkeit bedeutet, dass der Mandant trotz Aufforderung die Vergütung nicht zu bezahlen braucht. Die Vergütung kann nicht eingeklagt werden. Es ist lediglich eine Naturalobligation gegeben.[44] Zahlt der Mandant allerdings ohne ordnungsgemäße Mitteilung der Kostenberechnung, kann er seine Leistung nicht nach § 812 BGB zurückverlangen (§ 814 BGB), es sei denn, er hat unter Vorbehalt einer Abrechnung gezahlt.[45]

 

Rz. 62

Davon zu unterscheiden ist, dass die Rechnung nur inhaltlich falsch, aber formal in Ordnung ist. Auch eine inhaltlich unrichtige, aber formal korrekte Kostenrechnung ist wegen der tatsächlich verdienten Gebühren durchsetzbar, soweit die zutreffende Vergütungsforderung die abgerechnete Vergütung nicht übersteigt.[46]

 

Rz. 63

Eine Aufrechnung, sei es außergerichtlich oder als Prozessaufrechnung, ist ebenfalls nicht möglich, solange keine Kostennote mitgeteilt worden ist.[47] Eine Aufrechnung ist nach § 387 BGB nämlich nur dann möglich, wenn der Aufrechnende die ihm gebührende Leistung fordern darf. Daran mangelt es aber, solange keine Kostennote erteilt ist. Sofern nachträglich eine Kostenrechnung erstellt wird, ist die Aufrechnung zwar möglich; sie wirkt jedoch nach § 389 BGB nur auf den Zeitpunkt zurück, in dem die Rechnung mitgeteilt worden ist, nicht auf den Zeitpunkt des Entstehens oder der Fälligkeit der Vergütungsforderung.[48]

 

Rz. 64

Die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts an den Handakten vor Erteilung einer ordnungsgemäßen Kostenberechnung ist ebenfalls nicht zulässig.[49]

[42] Ausführlich AnwK-RVG/N. Schneider, § 10 Rn 89.
[43] BGH AGS 2022, 350 = NJW 2022, 2038.
[44] AnwK-RVG/N. Schneider, § 10 Rn 93 ff.
[45] OLG Frankfurt AnwBl 1975, 163.
[46] OLG Düsseldorf AGS 2008, 432 = AnwBl 2008, 718 = RVGprof. 2009, 44.
[47] BGH AnwBl 1985, 257; KG AnwBl 1982, 71; OLG Köln AnwBl 1994, 471; OLG Frankfurt AnwBl 1975, 163.
[48] OLG Düsseldorf AGS 2009, 12 = MDR 2009, 535.
[49] LG Mannheim AGS 2012, 324 = NJW-Spezial 2012, 444 = RVGreport 2012, 414; RG JW 1890, 306.

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