a) Unzureichende Ersatzleistung
Rz. 210
Reicht der zur Verfügung stehende kongruente Schaden nicht aus, alle Drittleistungsträger zu befriedigen, stellt sich die Frage der Verteilung unter den Fordernden. Unter den Drittleistungsträgern ist ein unzureichender Schadenersatzbetrag nicht immer gleichmäßig reduziert zu verteilen, vielmehr sind hier durchaus im Einzelfall Rangfolgen von "besseren" und "schlechteren" Gläubigern zu beachten, teilweise zusätzlich beeinflusst von bevorrechtigten Ansprüchen des unmittelbar Verletzten.
aa) Ursprung
Rz. 211
Der zur Verfügung stehende Schadenersatz kann unzureichend sein, die vermögensrechtlichen Einbußen aller Fordernden auszugleichen. Es sind mehrere rechtliche und tatsächliche Ursachen denkbar, die zum fehlenden oder unzureichenden Schadenausgleich bei den Betroffenen führen können.
Rz. 212
Die Gründe können liegen
▪ |
in der Haftung (u.a. mittelbare Schädigung, Mitverschulden oder Mitverantwortlichkeit aus Betriebsgefahr, Verjährungseinwand), |
▪ |
in der Schadenersatzleistung (fehlender oder unzureichender kongruenter Schaden), |
▪ |
in unzureichenden Geldmitteln (z.B. Haftungshöchstsumme, Deckungssummenüberschreitung, fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit des Ersatzschuldners). |
bb) Aspekte
Rz. 213
Zu bedenken sind folgende Einflussfaktoren auf die Ersatzleistung:
▪ |
In der Person des unmittelbar Verletzten ("Anspruchstellers") vor allem Mithaftung und Schadenhöhe, |
▪ |
in der Person des Ersatzpflichtigen ("Schädigers") Haftung und Haftungshöchstsumme, |
▪ |
in der Person des Haftpflichtversicherers neben den Einwendungen der versicherten Person (Schädiger) die Erschöpfung der Versicherungssumme, |
▪ |
beim Drittleistungsträger die verschiedenen Regelungen des Forderungsüberganges (u.a. Zeitpunkt des Überganges, Art des Überganges, Vorrechte), das Angehörigenprivileg sowie Schadenkongruenz. |
b) Unzureichender Versicherungsschutz
Rz. 214
Rz. 215
Reicht die Versicherungssumme nicht, ist diese nach näher bestimmten Regeln unter Geschädigten und Drittleistungsträgern zu verteilen.
c) Gesamtgläubiger
Rz. 216
Rz. 217
Sind Drittleistungsträger im Verhältnis zum Ersatzpflichtigen Gesamtgläubiger, ist im Außenverhältnis (zum Ersatzpflichtigen) jeder einzelne Leistungsträger berechtigt, den gesamten (kongruenten) Anspruch ungekürzt bis zur Höhe seiner Aufwendungen (auch klageweise) geltend zu machen (§ 428 BGB).
Rz. 218
Im Innenverhältnis (zu weiteren Drittleistungsträgern) muss dann zwischen den Leistungsträgern ein Ausgleich entsprechend dem Verhältnis ihrer Leistungen erfolgen (§ 430 BGB).
Rz. 219
Erbringen mehrere Drittleistungsträger Leistungen und schließt der Ersatzpflichtige mit einem dieser Drittleistenden einen Abfindungsvergleich, liegt hierin ein Erlassvertrag mit Wirkung gegenüber den weiteren Gesamtgläubigern: Weitere Gesamtgläubiger können nur noch dasjenige verlangen, was ihnen im Innenverhältnis zum anderen (bereits abgefundenen) Drittleistungsträger noch zusteht. Hat im Beispiel 2.6 (siehe Rn 230) der Schadenersatzpflichtige bereits 1.575 EUR an den SVT 1 gezahlt, beschränkt sich das Forderungsrecht des SVT 2 auf den verbleibenden Rest von 525 EUR (siehe auch Rn 561 ff.).
d) § 116 SGB X
aa) Bis 30.6.1983: § 1542 RVO
Rz. 220
Rz. 220a
§ 1542 RVO
(1) 1Soweit die nach diesem Gesetze Versicherten oder ihre Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften Ersatz eines Schadens beanspruchen können, der ihnen durch Krankheit, Unfall, Invalidität oder durch den Tod des Ernährers erwachsen ist, geht der Anspruch auf die Träger der Versicherung insoweit über, als sie den Entschädigungsberechtigten nach diesem Gesetze Leistungen zu gewähren haben.
2Dies gilt nicht bei Ansprüchen, die aus Schwangerschaft und Niederkunft erwachsen sind. 3Bei den gegen Unfall Versicherten und ihren Hinterbliebenen gilt es nur insoweit, als es sich nicht um einen Anspruch gegen den Unternehmer oder die ihm nach § 899 Gleichgestellten handelt.
(2) Auf das Maß des Ersatzes für Krankenpflege und Krankenhauspflege sowie für Krankenbehandlung und Heilanstaltpflege ist § 1524 Abs. 1 S. 2 bis 4 entsprechend anzuwenden, wenn der Versicherungsträger nicht höhere Aufwendungen nachweist.
Rz. 221
§§ 116 ff. SGB X gelten nur für Schadensfälle, die sich nach dem 30.6.1983 ereigneten.
Rz. 222
Das sozialrechtliche Leistungsspektrum (also die Rechtsbeziehung zwischen Verletztem/Hinterbliebenem und Sozialversicherung) richtet sich nach dem jeweils aktuell gültigen Recht (SGB). Der Forderungsübergang (Rechtsbeziehung zwischen Sozialversicherung und Ersatzpflichtigem) orientiert sich in Altfällen (Unfalltag vor 1.7.1983) aber weiterhin an § 1542 RVO, auch w...