a) Recht zum Unfallzeitpunkt
Rz. 143
Rz. 144
Der Forderungswechsel (nicht nur zur Sozialversicherung/Sozialhilfe) orientiert sich während der gesamten Zeit der Abwicklung des unfallkausalen Schadens bis hin zu seiner endgültigen Erledigung ausschließlich an dem im Unfallzeitpunkt geltenden, den Forderungswechsel herbeiführenden Recht.
Rz. 145
Auch für die Beurteilung des Versicherungsschutzes ist auf das am Schadentag geltende Versicherungsvertragsrecht (VVG) abzustellen. Gleiches gilt für die Beurteilung der Haftung dem Grunde nach und dem ersatzfähigen Schaden der Höhe nach.
Rz. 146
Man muss beachten, dass in ein und demselben Unfallgeschehen für ein und denselben Verletzten deutlich verschiedene Forderungswechsel und Prioritäten zu beachten sind (siehe Rn 108 ff.). Nicht der Schadenfall an sich prägt die jeweilige Forderungsberechtigung, sondern die durch Zessionen und Vorrechte beeinflusste Anspruchssituation.
Rz. 147
Das gilt auch, wenn sich die Rechtsgrundlagen später ändern (z.B. wurde § 1542 RVO durch § 116 SGB X abgelöst, § 4 LFZG durch § 6 EFZG, § 67 VVG a.F. durch § 86 VVG, Abtretungen werden durch Legalzession ersetzt [beispielsweise erfasst § 6 EZFG – anders als zuvor § 4 LFZG – auch Angestellte]).
Rz. 148
Im Einzelfall kann auch dem Aspekt der Vorwirkung von Gesetzen Bedeutung zukommen (z.B. Erstreckung des Schutzes durch das Angehörigenprivileg auf die nicht-eheliche Gemeinschaft) (siehe Rn 467).
b) Arten des Forderungswechsels
aa) Forderungswechsel
Rz. 149
Der Forderungsübergang – und damit verbunden der Wegfall der Forderungsberechtigung des Direktgeschädigten im Umfang des Forderungswechsels – auf die Drittleistenden erfolgt entweder privatrechtlich oder gesetzlich:
Rz. 150
Übersicht 2.12: Forderungsübergang (Art)
bb) Abtretung
(1) Verpflichtung
Rz. 151
Rz. 152
§ 255 BGB – Abtretung der Ersatzansprüche
Wer für den Verlust einer Sache oder eines Rechts Schadensersatz zu leisten hat, ist zum Ersatz nur gegen Abtretung der Ansprüche verpflichtet, die dem Ersatzberechtigten aufgrund des Eigentums an der Sache oder aufgrund des Rechts gegen Dritte zustehen.
§ 285 BGB – Herausgabe des Ersatzes
(1) Erlangt der Schuldner infolge des Umstands, aufgrund dessen er die Leistung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch, so kann der Gläubiger Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen.
(2) Kann der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangen, so mindert sich dieser, wenn er von dem in Abs. 1 bestimmten Recht Gebrauch macht, um den Wert des erlangten Ersatzes oder Ersatzanspruchs.
Rz. 153
Satzung, Individualarbeits- oder Tarifvertrag können die Verpflichtung zur Abtretung aufnehmen und die beteiligten Parteien insofern binden. Bis zur Abtretung bleibt allerdings der Geschädigte selbst verfügungsberechtigter Rechtsinhaber.
Rz. 154
Die Abtretungsverpflichtung folgt regelmäßig als Nebenpflicht aus der Leistungsbeziehung (z.B. Anstellungsvertrag, Altersversorgungsvertrag) bzw. analog § 255 BGB oder § 285 BGB (siehe § 4 Rn 388).
Rz. 155
Ob beispielsweise ein Arbeitgeber überhaupt aufgrund des Arbeitsvertrages oder der Betriebsvereinbarung einen gegenüber seinem Arbeitnehmer (bzw. dessen Hinterbliebenen) durchsetzbaren Anspruch auf eine Abtretung hat, ist arbeitsvertraglich und nicht schadenersatzrechtlich zu klären. Treten Verletzte (bzw. deren Hinterbliebene) ihre Ansprüche an Arbeitgeber oder andere Drittleistungsträger ab, werden diese – wie jeder andere Abtret...