a) Regelung
Rz. 505
Die gesetzlichen Normierungen sind uneinheitlich gefasst:
aa) § 116 VI 1 SGB X
Rz. 506
Nach § 116 VI 1 SGB X müssen die Familienangehörigen "im Zeitpunkt des Schadenereignisses mit dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft" gelebt haben, um den Ausschluss des Forderungsüberganges zu bewirken.
bb) § 116 VI 2 SGB X
Rz. 507
Eine Ausnahme gilt nach § 116 VI 2 SGB X für die spätere Eheschließung und spätere Begründung der häuslicher Gemeinschaft: Heiraten Schädiger und Opfer später erst nach dem Schadensereignis, erfolgt zwar der Forderungsübergang, ein Regressanspruch kann aber vom Drittleistungsträger ab dem Zeitpunkt der Heirat nicht mehr geltend gemacht werden (Regresssperre).
cc) § 67 II VVG a.F.
Rz. 508
§ 67 II VVG a.F. kannte seinem Wortlaut nach keine Beschränkung auf den Unfallzeitpunkt.
Rz. 509
Die Forderung des Drittleistungsträgers ist auch dann ausgeschlossen, wenn die bei Eintritt des Versicherungsfalles bestehende häusliche Gemeinschaft zwischen Versicherungsnehmer und haftpflichtigem Familienangehörigen (z.B. wegen Scheidung oder Auszug des verletzten Kindes) nicht bis zur Ersatzleistung des Versicherers fortbesteht oder aber Schädiger und verletzte Person nach dem Schadenfall die Ehe schließen.
dd) § 86 III VVG
Rz. 510
§ 86 III VVG möchte, um einen Missbrauch zu verhindern, auf den Schädigungszeitpunkt abstellen (siehe auch Rn 521).
b) Voraussetzungsänderung
aa) Unfalltag
Rz. 511
Für den Zeitpunkt des Anspruchsübergangs (und damit auch den der Haftungsprivilegierung) kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Unfallereignisses an. Dass sich die Familiensituation in der Folgezeit weiterentwickelt (z.B. durch Auflösung wie Scheidung oder Auszug des Kindes), ändert nichts an der Anwendbarkeit des § 116 VI 1 SGB X.
Rz. 512
Die Privilegierung erfährt aber in einigen Fällen eine spätere (u.U. auch rückwirkend anzuwendende) Ausformung u.a. in spezialgesetzlich geregelten Fällen (siehe § 116 VI 2 SGB X), aber auch durch veränderte Rechtsprechung (z.B. zur nicht-ehelichen Gemeinschaft).
bb) Späterer Wegfall der Voraussetzungen
Rz. 513
Wenn die Voraussetzungen später entfallen, kann der Drittleistungsträger keinen Regress nehmen. Es gilt der Grundsatz: "Einmal weg – immer weg".
Rz. 514
Die Regresssperre zulasten des Drittleistungsträgers bleibt auch dann erhalten, wenn die Voraussetzungen der § 116 VI SGB X, § 86 III VVG (§ 67 II VVG a.F.) später fortfallen, weil beispielsweise
▪ |
die bei Eintritt des Versicherungsfalles bestehende häusliche Gemeinschaft zwischen Versicherungsnehmer und haftpflichtigem Familienangehörigen nicht bis zur Ersatzleistung des Versicherer fortbesteht, |
▪ |
der im Unfallzeitpunkt privilegierte Schädiger aus der gemeinsamen Wohnung auszieht, |
▪ |
Schädiger und verletzte Person sich nach dem Schadensfall scheiden lassen, |
▪ |
der Schädiger verstirbt. |