Rz. 398

Erbringt ein SVT eine von ihm rechtlich nicht geschuldete[277] Leistung, erfolgt kein Forderungsübergang. Der Rechtsübergang erfolgt stets nur in Höhe des wirklichen Schadens, nicht aber in Höhe der vom Versicherer gezahlten Entschädigung.[278]

 

Rz. 399

Liegen beispielsweise auch unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung[279] die Voraussetzungen für eine Rentengewährung objektiv nicht vor, fehlt die Regressberechtigung des Drittleistungsträgers. Werden vom Drittleistungsträger zu Unrecht (betrachtet in seinen Drittleistungsverhältnis) Leistungen gewährt, können diese nur regressiert werden, wenn ein entsprechender Forderungsübergang einer schadenkongruenten Forderung des Verletzten stattgefunden hat. Hätte dem Geschädigten die Leistung überhaupt nicht zugestanden, entfällt ein Anspruch. Der BGH[280] stellt entscheidend auf die Leistungszuständigkeit ab und das "Entweder-oder-Prinzip" in den Vordergrund. Der unzutreffend leistende Sozialträger begründet allein mit seiner tatsächlichen Leistungen keine Regresszuständigkeit. Dieser Situation ist die fehlerhafte Leistung eines eigentlich zwar zuständigen sozialversicherungsrechtlichen (für die private Versicherungswirtschaft und Arbeitgeber kann Abweichendes gelten, siehe § 4 Rn 1006, § 5 Rn 237 ff.) Leistungsträgers vergleichbar, der aber fehlerhaft Leistungen (Leistung trotz Leistungsverweigerungsmöglichkeit oder in unzutreffender Höhe) erbringt.

 

Rz. 400

 

Beispiel 2.32

Nach der BSG-Rechtsprechung[281] hat der Unfallversicherer an Hinterbliebene eines Zeugen Jehovas keine Hinterbliebenenrenten zu zahlen, wenn der Tod auf der Verweigerung einer Fremdblutzuführung anlässlich einer vorzunehmenden Operation beruht. Die Voraussetzungen für eine Rentengewährung liegen objektiv nicht vor.
Ist eine stationäre Behandlung notwendig, darf die Abrechnung des Krankenhauses auf Korrektheit (insbesondere hinsichtlich der DRG-Berechnung) überprüft werden. Nur soweit die Abrechnung mit dem Leistungserbringer korrekt ist, kann der Aufwand in die Ersatzforderung einfließen: Es kommt nicht darauf an, was der Drittleistungsträger zahlt, sondern was er rechtlich im Leistungsverhältnis zu seinem Versicherten erbringen muss. Mehrleistungen (warum auch immer) sind unbeachtlich.[282]
Wenn ein Drittleistungsträger – warum auch immer – fehlerhaft mehr Leistung erbringt als die für ihn geltende Rechtsgrundlage vorsieht (z.B. Kinderkrankengeld zu lang bezahlt), kann er diese fehlerhaft erbrachte Leistung nicht regressieren.
 

Rz. 401

Soweit ein SVT zu Leistungen nach den Katalogtatbeständen der Sozialgesetzbücher (z.B. SGB V, SGB VI, SGB VII, SGB XI) grundsätzlich verpflichtet ist, müssen diese Leistungen auch der Höhe nach berechtigt sein. Ist z.B. eine stationäre Behandlung notwendig, muss die Abrechnung des Krankenhauses auf Korrektheit (insbesondere hinsichtlich der DRG-Berechnung) geprüft werden, nur soweit die Abrechnung mit dem Leistungserbringer korrekt ist, kann der Aufwand in die Ersatzforderung einfließen: Es kommt nicht darauf an, was der Drittleistungsträger zahlt, sondern was er rechtlich im Leistungsverhältnis zu seinem Versicherten erbringen muss. Mehrleistungen (warum auch immer) sind unbeachtlich. Die Inanspruchnahme des Ersatzpflichtigen durch den Drittleistungsträger wegen solcher Leistungen, die bei ordnungsgemäßer Abwicklung des Drittleistungsverhältnisses nicht angefallen wären (fehlerhafte Leistungserbringung), ist dem Drittleistungsträger verwehrt.[283]

[277] Siehe OLG Karlsruhe v. 18.12.2012 – 12 U 105/12 – NZS 2013, 381 (Anm. Gaßner) = VersR 2013, 501 = zfs 2013, 140 (Amtshaftung der GKV für falsche Leistungszusagen ihres Mitarbeiters).
[278] Stiefel/Maier-Maier, § 86 VVG Rn 20 mit Hinweis auf OGH VersR 1950, 69.
[279] Siehe zu einer fehlenden Leistungsverpflichtung BSG v. 9.12.2003 – B 2 U 8/03 R, FamRZ 2004, 1198 (BVerfG v. 9.3.2005 – 1 BvR 616/04 – hat die Verfassungsbeschwerde gegen das BSG-Urteil nicht angenommen) (Leistungen an Hinterbliebene sind nicht zu gewähren, wenn der Versicherte einen wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls notwendigen operativen Eingriff nur deshalb nicht überlebt, weil er aus religiösen Gründen eine Fremdbluttransfusion verweigert.).
[280] BGH v. 5.5.2009 – VI ZR 208/08 – BGHReport 2009, 877 = DAR 2009, 456 = jurisPR-VerkR 17/2009, Anm. 2 (Anm. Lang) = MDR 2009, 864 = r+s 2009, 302 = SP 2009, 286 = VersR 2009, 203 = VRS 116, 435 = zfs 2009, 497.
[281] BSG v. 9.12.2003 – B 2 U 8/03 R – Breith 2004, 509 = FamRZ 2004, 1198 = HVBG-Info 2004, 130 (Anm.: BVerfG v. 9.3.2005 – 1 BvR 616/04 – hat die Verfassungsbeschwerde gegen das BSG-Urteil nicht angenommen) (Leistungen an Hinterbliebene sind nicht zu gewähren, wenn der Versicherte einen wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls notwendigen operativen Eingriff nur deshalb nicht überlebt, weil er aus religiösen Gründen [Zeuge Jehova] eine Fremdbluttransfusion verweigert. Arbeitsunfall und Verweigerung der Fremdbluttransfusion sind zwar beide conditio sine qua non für den Tod, es ...

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