Rz. 131

 

Hinweis

Siehe ergänzend unten (vgl. § 5 Rn 220 ff.; § 13 Rn 56), zum Verletzungsverdacht siehe Kapitel 3 (vgl. § 3 Rn 102 f.).

 

Rz. 132

Vor die Prüfung der sachlichen Richtigkeit von Abrechnungen ist die Frage gestellt, ob in der Person des Verletzten überhaupt beweisbar ein Anspruch entstanden war.[101]

 

Rz. 133

Die Anforderungen an den Nachweis zu Anspruchsgrund und Schadenhöhe sind für den Rechte aus einer Legalzession Herleitenden (z.B. SVT nach § 116 SGB X) nicht anders, insbesondere nicht besser, als für seinen Versicherten, den unmittelbar Geschädigten; der Drittleistungsträger muss also den Strengbeweis (§ 286 ZPO) für Verletzungen und Unfallkausalität von Behandlungen und Arbeitsunfähigkeit führen.[102]

 

Rz. 134

Dem Verlangen ordnungsgemäßer und inhaltlich überprüfbarer Belege steht § 415 ZPO nicht entgegen.[103] Selbst wenn man eine bloße Forderungsaufstellungen durch einen SVT als öffentliche Urkunde i.S.v. § 415 ZPO wertet, erbringt diese Aufstellung nur den vollen Beweis für die Abgabe der beurkundeten Erklärung, nicht aber für deren inhaltliche Richtigkeit.[104] Ein SVT kann aus dem Umstand, dass er als öffentlich-rechtliche Körperschaft verfasst ist, nicht das Recht herleiten, die Berechtigung seines Regressanspruchs mit einer selbst gefertigten Kostenaufstellung beweisen zu können. Vielmehr kann § 418 ZPO verfassungskonform nur dahin verstanden werden, dass er für öffentliche Urkunden ausschließlich in solchen Prozessen gilt, an denen der Aussteller der Urkunde nicht selbst als Partei beteiligt ist.[105] Soweit manchmal[106] für die gegenteilige Ansicht auf das Urteil des LG Frankfurt v. 18.3.2008 – 2–18 O 239/06 – verwiesen wird, ist dieses nicht rechtskräftig geworden.[107]

 

Rz. 135

Die Beweislastverteilung beim Anspruch des Direktgeschädigten gilt auch für dessen etwaige Rechtsnachfolger. Was jedem bei einer Abtretung einleuchtet, wird in der vielfach nicht durch Abtretung (privatrechtlicher Forderungsübergang), sondern vorwiegend durch gesetzliche Forderungsübergänge[108] (unjuristisch ausgedrückt "gesetzliche Zwangsabtretung") geprägten Regulierungspraxis immer wieder aus dem Auge verloren: Es geht eben nicht um Erstattung von dem Drittleistungsträger (z.B. Arbeitgeber) entstandenen Kosten oder Aufwendungen, sondern vielmehr um das Geltendmachen eines vom unmittelbar Verletzten erworbenen und danach auf seinen Rechtsnachfolger übergegangenen kongruenten Anspruchs.[109]

 

Rz. 136

Die Beweislastverteilung gilt auch für die Unfallkausalität von Verletzungen und Arbeitsunfähigkeiten.[110] Der Ersatzpflichtige hat den Schaden des Verletzten zu ersetzen, nicht aber den Aufwand ("Schaden") von dessen Rechtsnachfolger.[111]

 

Rz. 137

Der Drittleistungsträger muss auch die Höhe des von ihm geltend gemachten Anspruches nachweisen.[112] Der Ersatzanspruch des Geschädigten geht zwar, soweit sachliche und zeitliche Kongruenz besteht, auf die Drittleistenden über; der Ersatzanspruch hat sich mit diesem Forderungsübergang aber weder inhaltlich noch hinsichtlich seines Volumens (Haftung dem Grunde nach, Schadenersatz der Höhe nach) verändert. Für den Nachweis reicht nicht der Hinweis auf die vom Drittleistungsträger an den Geschädigten erbrachten Leistungen aus; diese orientieren sich an der Leistungsbeziehung zwischen dem Drittleistungsträger und seinem Mitglied (bzw. Arbeitnehmer, Versicherter pp.), nicht aber am Schadenersatzrecht.[113]

 

Rz. 138

Die Drittleistungsträger können vom Ersatzpflichtigen maximal bis zur Höhe ihrer Aufwendungen Ersatz verlangen, nicht aber darüber hinaus. Der Anspruch ist also zweifach maximiert:

Zum einen durch die in der Person des unmittelbar Anspruchsberechtigen (verletzte Person) nachweisbar entstandenen Schäden,
zum anderen durch die Höhe der Aufwendungen des Drittleistungsträgers.
[101] Diese Trennung hat BGH v. 16.10.2001 – VI ZR 408/00 – BGHZ 149, 63 = JR 2002, 372 (Anm. Feuerborn) = MDR 2002, 29 = NJW 2002, 128 = NZA 2002, 40 = NZV 2002, 28 = r+s 2002, 63 (Anm. Lemcke) = SP 2002, 52 = VersR 2001, 1521 = VRS 101, 404 = WI 2002, 21 (kritische Anm. Wussow) = zfs 2002, 67 verkannt: Der BGH weist zwar zutreffend (unter Hinweis auf die BAG-Rechtsprechung) auf die arbeitsrechtliche Situation hin, wonach der Arbeitgeber für den Lohnfortzahlungsanspruch seines Arbeitnehmers auf die Richtigkeit der ihm vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vertrauen darf, übersieht dann aber, dass der Anspruch auf Ersatz der erbrachten Lohnfortzahlung ein nach § 6 EFZG übergegangener Anspruch des verletzten Arbeitnehmers ist und damit die Beweissituation sich nicht nach dem EFZG, sondern nach dem Schadensersatzrecht orientiert.
[102] OLG Thüringen v. 15.5.2012 – 4 U 661/11 – NJW-Spezial 2012, 395 = NZS 2012, 800 = r+s 2012, 360 = UV-Recht Aktuell 2013, 139; Burmann/Jahnke NZV 2013, 313; Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz, § 1 Rn 174 ff., Wussow-Zoll, Kap. 32 Rn 54.
[103] BGH v. 13.7.1962 – IV ZR 21/62 – BGHZ 37, 389 = MDR 1962, 893 = NJW 1962, 1770; OLG Thüringen v. 15.5.2012 – 4 U 661/11 –...

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