Rz. 534
Zum Thema
Burmann/Heß/Jahnke/Janker-Jahnke, 23. Aufl. 2014, § 840 BGB Rn 41, Jahnke "Ausgewählte Probleme für die Schadenregulierung", 5. Kap., Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz, 2. Aufl. 2012, § 2 Rn 515 ff., Janda "Mehrheiten von Schuldnern und unterschiedliche Haftungsmaßstäbe – Ein Beitrag zur Überwindung des “gestörten Gesamtschuldnerausgleichs’ –" VersR 2012, 1078, Kirmse "Zum “gestörten Gesamtschuldverhältnis’ bei Teilungsabkommen" VersR 1983, 1113, Lemcke "Die gestörte Gesamtschuld in der Personenschadenregulierung" r+s 2006, 52.
1. Begrifflichkeit und Inhalt
Rz. 535
Sind mehrere für das Schadenereignis verantwortlich, sind die Grundsätze der "gestörten Gesamtschuld" zu bedenken. Kommen sie zur Anwendung, mindert sich die Entschädigungsleistung. Die Ansprüche eines Verletzten und/oder seiner Rechtsnachfolger(n) gegenüber den gesamtschuldnerisch Haftenden werden gekürzt, obwohl diese dem Anspruchsberechtigten (Verletzter, Drittleistungsträger) gegenüber (von einer eigenen Mitverantwortlichkeit des Unfallbeteiligten einmal abgesehen) uneingeschränkt verantwortlich sind (und somit haften) und daher eigentlich gesamtschuldnerisch vollen Ersatz zu schulden hätten.
Rz. 536
Abzugrenzen ist die gestörte Gesamtschuld von der Situation mehrerer zu unterschiedlichen Quoten haftenden Nebentäter, deren Verantwortlichkeiten nach dem Prinzip der Gesamtschau und Einzelabwägung zu bestimmen sind. Korrekturen der Gesamtschuld können gerade bei Mithaftungen durch eine Gesamtschau geboten sein. Dieses kann – unter den Aspekten von Einzelabwägung und Gesamtschau – zu gesamtschuldnerischer Haftung nur auf Teilbeträge des gesamten Schadens führen.
2. Konsequenzen
Rz. 537
Rz. 538
Einer von mehreren Gesamtschuldnern kann sich gegenüber dem Verletzten auf einen Leistungsausschluss (Leistungsausschluss) berufen (Arbeitsunfall, Angehörigenprivileg, vertraglicher Haftungsausschluss, u.U. auch Verjährung oder Haftungsausschluss bzw. -minderung auf grobe Fahrlässigkeit u.ä.). Dieser privilegierte Schuldner ist also von der Leistung frei, so dass sich der Geschädigte an den Zweit-(Gesamt)Schuldner wendet, dem ein solches Verweigerungsrecht nicht zusteht.
Rz. 539
Dieser nicht-privilegierte Schuldner muss nun nach der gesetzlichen Regelung zunächst voll und uneingeschränkt leisten, danach hätte er den Gesamtschuldnerausgleich im Innenverhältnis zum anderen Gesamtschuldner durchzuführen. Da über den Weg des Gesamtschuldnerausgleiches aber die Leistungsstörung im Verhältnis zum Geschädigten nicht umgangen werden darf (dieses würde eine rechtlich unzulässige Belastung des Dritten bedeuten), kann sich daher der privilegierte Gesamtschuldner auch dem regressierenden Zweitschädiger gegenüber im Gesamtschuldnerinnenverhältnis ebenfalls auf seine Leistungsfreiheit berufen. Es gilt: Der privilegierte Schädiger soll und darf weder direkt noch indirekt in Anspruch genommen werden können.
Rz. 540
Da aber nicht der Zweitschädiger diese Störung im Gesamtschuldnerausgleich zu vertreten hat, sondern vielmehr der Geschädigte, ist auch die Lösung des Problems bei diesem (ferner auch bei seinen Rechtsnachfolgern) zu finden: Im Maße der Privilegierung kann der Ve...