1. Ehegatten
Rz. 13
Eine Sondersituation stellt die Beratung von Ehegatten dar, insbesondere dann, wenn diese – im Rahmen der Absicherung der Nachfolge – die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments wünschen.
Die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments kommt i.d.R. nur dann in Betracht, wenn die Ehegatten übereinstimmend den Willen haben, gemeinsam zu testieren. Somit scheint – auf den ersten Blick – das Risiko eines Interessengegensatzes überschaubar zu sein. Dieser erste Eindruck trügt allerdings: Denn eine Interessenkollision kann sich jederzeit ergeben, wenn aufgrund der – meist anwaltlichen – Beratung Rechtsfolgen offenbar werden, die von einem der Beteiligten nicht gewünscht sind. Dies kann sich bspw. bei der Beratung über die Pflichtteilsansprüche von Abkömmlingen aus einer früheren Ehe oder Partnerschaft des einen Ehegatten ergeben oder aus der Aufklärung über die Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments.
Auch wenn die Beratung beider Ehegatten berufsrechtlich zulässig ist, birgt sie daher stets das Risiko, dass später auftretende Meinungsverschiedenheiten eine Fortführung des Mandats unmöglich machen. Stellen sich nämlich im Laufe der Bearbeitung Gegensätze heraus, ist der Rechtsanwalt verpflichtet, das Mandat für beide Eheleute unverzüglich zu beenden.
2. Mehrere Übergeber/mehrere Übernehmer
Rz. 14
Ähnlich wie beim Ehegattentestament stellt sich die Ausgangssituation oft auch bei einer Mehrheit von Übergebern bzw. Übernehmern dar. Haben sich bspw. Eheleute, die gemeinsam Gesellschafter der ihr Unternehmen tragenden Gesellschaft sind, dazu entschlossen, ihre Beteiligungen gemeinsam (zu denselben Bedingungen) auf die nächste Generation zu übertragen, steht einer gemeinsamen Vertretung der Übergeber grundsätzlich nichts im Wege.
Stellen sich im Laufe der Mandatsbearbeitung unterschiedliche Vorstellungen der Mandanten heraus, hängt, die Frage ob eine Interessenkollision vorliegt oder nicht, davon ab, ob es aus der Sicht eines der Beteiligten darauf ankommt, dass beide ihre Gesellschaftsanteile zu denselben Bedingungen übertragen oder nicht. Sind nämlich beide Übertragungen voneinander unabhängig, stellt sich bereits die Frage, ob überhaupt ein und dieselbe Rechtssache vorliegt und ob es sich nicht von vornherein um unterschiedliche Mandatsverhältnisse handelt, die dementsprechend unabhängig voneinander zu betrachten sind. Ist das der Fall, empfiehlt es sich, dies schon im Rahmen der Auftragsannahme eindeutig mit den Mandanten so zu vereinbaren.
Rz. 15
Sind auf der Seite der potenziellen Übernehmer mehrere Personen beteiligt, stellt sich zunächst die Frage, ob diese untereinander eine Gesellschaft bilden oder jeder jeweils als Einzelperson am Nachfolgeprozess beteiligt ist. Im letztgenannten Fall gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Sinnvollerweise sollten dann separate Mandatsverhältnisse begründet werden, allerdings verbunden mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass auch andere potenzielle Erwerber beraten bzw. vertreten werden und mit der ausdrücklichen Vereinbarung, ob bzw. inwieweit diesen gegenüber der individuelle Verhandlungsstand oder sonstige individuelle Details offengelegt werden dürfen.
Rz. 16
Diese Vorgehensweise setzt allerdings voraus, dass der Umfang der von den einzelnen in Betracht kommenden Nachfolgern zu erwerbende Beteiligung von vornherein feststeht. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt oder besteht möglicherweise bei einem oder einzelnen potenziellen Nachfolgern ein Interesse, die zu erwerbende Beteiligungen auf Kosten der anderen Aspiranten auszubauen, kommt deren gleichzeitige Vertretung nicht in Betracht. Im Hinblick darauf, dass derartige Schwierigkeiten sich auch aus einem (plötzlichen) Sinneswandel eines der Beteiligten im Laufe des Beratungsprozesses ergeben können, ist bei der Beratung mehrerer potenzieller Erwerber also größte Vorsicht geboten.
Rz. 17
Bilden die potenziellen Nachfolger untereinander eine Gesellschaft, sollte das Mandatsverhältnis mit der Gesellschaft als solcher begründet werden. In jedem Fall ist eine Entscheidung erforderlich, ob die Gesellschaft als solche oder die (alle/einzelne) Gesellschafter Mandanten sein sollen. Ist die Gesellschaft Mandantin, können ggf. Meinungsverschiedenheiten der Gesellschafter untereinander zwischen diesen ausgetragen werden, ohne das Mandatsverhältnis – formal betrachtet – in irgendeiner Weise zu beeinträchtigen. Denn der (einzige) Mandant ist und bleibt die Gesellschaft. In der Praxis stellt sich die Situation allerdings meistens so dar, dass zum Zeitpunkt der Beauftragung noch gar kein Gesellschaftsvertrag zwischen den Beteiligten besteht, sodas...