Rz. 26
Welches Recht auf das außervertragliche Schuldverhältnis anzuwenden ist, wird in den Art. 4, 14 Rom II geregelt.
Das nach diesen Vorschriften anzuwendende Recht ist nach Art. 15 Rom II insbesondere maßgebend für
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den Grund und den Umfang der Haftung einschließlich der Bestimmung der Personen, die für ihre Handlungen haftbar gemacht werden können; |
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die Haftungsausschlussgründe sowie jede Beschränkung oder Teilung der Haftung; |
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das Vorliegen, die Art und die Bemessung des Schadens oder der geforderten Wiedergutmachung; |
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die Übertragbarkeit einschließlich der Vererbbarkeit und die Bestimmung der Personen, die einen Anspruch haben und |
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die Frage der Verjährung incl. Hemmung. |
Nach Art. 22 Rom II ist dieses Recht auch anzuwenden, soweit es gesetzliche Vermutungen aufstellt oder die Beweislast regelt. Bei einem Unfall, der deutschem Recht unterliegt, kann dies von besonderer Bedeutung sein, da im deutschen Verkehrsrecht der Anscheinsbeweis für typische Verstöße gegen die StVO vielfach die Beurteilung eines Verkehrsunfalls entscheidet, während in anderen Rechtsordnung derart weitreichende Beweiserleichterungen i.d.R. nicht bekannt sind.
Zudem ist nach Art. 21 Rom II eine einseitige Rechtshandlung, die ein außervertragliches Schuldverhältnis betrifft, gültig, wenn sie der Form des Rechts des Staats erfüllt, in dem sie vorgenommen worden ist. Wird bei einem Unfall im Ausland in einem europäischen Unfallbericht ein konkreter Unfallablauf festgehalten, ist im Anwendungsbereich von Rom II zu untersuchen, ob das nach diesem Abkommen anzuwendende Recht diesen Unfallbericht als einseitige Rechtshandlung i.S.d. Art. 21 Rom II anerkennt und dementsprechend ein verbindliches Anerkenntnis vorliegen kann (wie dies derzeit z.B. im französischen Recht der Fall sein kann).
Hiervon ist die Frage zu unterscheiden, welche Sicherheitsvorschriften (insbesondere Straßenverkehrsregeln) zur Anwendung gelangen. Bei der Beurteilung des Verhaltens der Person, deren Haftung geltend gemacht wird, sind nach Art. 17 Rom II faktisch und soweit angemessen die Sicherheits- und Verhaltensregeln zu berücksichtigen, die an dem Ort und zu dem Zeitpunkt des haftungsbegründenden Ereignisses in Kraft sind. Entsprechen die Sicherheitsvorschriften des ausländischen Rechts im Wesentlichen denen des deutschen Rechts kann auch auf die hierzu entwickelten Grundsätze abgestellt werden – so z.B. bei den Sorgfaltsanforderungen bei dem Öffnen einer Fahrzeugtür.
Problematisch ist die Frage, welcher Maßstab an die Überzeugungsbildung des Gerichts nach welchem Prozessrecht einschlägig ist, wenn im Inland Klage erhoben wird.
Rz. 27
Muster 2.9: Erleichterter Beweismaßstab des § 287 ZPO bei Inlandsklage
Muster 2.9: Erleichterter Beweismaßstab des § 287 ZPO bei Inlandsklage
Wird ein Schadenersatzanspruch aus einem Verkehrsunfall, der sich nach ausländischem Sachrecht richtet, als Direktanspruch gegen den ausländischen Haftpflichtversicherer vor einem deutschen Gericht geltend gemacht, ist § 287 ZPO bei der Bemessung des Schadens anwendbar. Dies deshalb, da sich das Beweismaß nach den Regeln des deutschen Zivilprozessrechts als dem Recht am Ort des angerufenen Gerichts (lex fori) richtet (vgl. bereits BGH, Urt. v. 27.4.1977 – VIII ZR 184/75; LG Saarbrücken, Urt. v. 9.3.2012 – 13 S 51/11, DAR 2012, 265;). Anders als die Regeln zur Darlegungs- und Beweislast, die materielle Rechtssätze darstellen, handelt es sich bei den Vorschriften, die das Beweismaß regeln, um Normen des Verfahrensrechts. Nach § 287 Abs. 1 ZPO reicht für die richterliche Überzeugung eine überwiegende, allerdings auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit eines Schadens aus (BGH, Urt. v. 6.8.2004 – VI ZR 230/03 = VersR 2004, 1477).