Norbert Schneider, Lotte Thiel
Rz. 18
Zu beachten ist, dass die BGB-Vergütung begrenzt ist, wenn der Anwalt einen Verbraucher (§ 13 BGB) berät, was in Familiensachen grundsätzlich immer der Fall sein dürfte. Die Beratungsgebühr ist dann begrenzt auf
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190,00 EUR im Falle eines ersten Beratungsgesprächs (§ 34 Abs. 1, S. 3, 3. Teils. RVG). |
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und im Übrigen auf 250,00 EUR (§ 34 Abs. 1 S. 3, 1. Teils. RVG). |
Rz. 19
Die Begrenzungen des § 34 Abs. 1 S. 3 RVG stellen allerdings keine Regelgebühren dar, sondern jeweils eine Höchstgrenze. Der Anwalt kann nicht willkürlich immer eine Gebühr bis zur jeweiligen Höchstgrenze fordern.
Rz. 20
Unter einem ersten Beratungsgespräch versteht man eine erste überschlägige "Einstiegsberatung", eine pauschale überschlägige Information des Auftraggebers, die es ihm ermöglicht, sich einen ersten Überblick über die Rechtslage zu verschaffen, aufgrund dessen er dann beurteilen kann, ob er dem Anwalt ein weiter gehendes Mandat erteilt oder nicht. Die Begrenzung greift grundsätzlich nicht ein, wenn es zu einem zweiten oder gar weiteren Beratungstermin kommt oder wenn (auch) schriftlich beraten wird. Der Anwalt muss im Rahmen der Erstberatung kein vollständiges Ergebnis präsentieren. Der Bereich der Erstberatung ist insbesondere dann überschritten, wenn bei einem zweiten Beratungsgespräch über Vorschläge beraten wird, die bei der ersten Beratung noch nicht vorlagen.
Rz. 21
Die Grenze einer Erstberatung kann – insbesondere in Familiensachen – auch schon im ersten Beratungstermin überschritten werden. So hat das AG Augsburg die Grenze der Erstberatung als überschritten angesehen bei einer familienrechtlichen Beratung, in der der Anwalt über eine Stunde lang zu Scheidungsvoraussetzungen, elterlicher Sorge, Versorgungsausgleich, Umgangsrecht, Haushaltsauseinandersetzung, Zugewinn sowie Ehegatten- und Kindesunterhalt beraten und das Beratungsergebnis anschließend in einem mehrseitigen Schreiben zusammengefasst hat.
Beispiel 6: Beratungsgebühr nach BGB, Erstberatung (I)
Der Anwalt hatte die Ehefrau nach der Trennung in einem ersten einstündigen Gespräch überschlägig darüber beraten, welche Unterhaltsansprüche ihr gegen ihren Ehemann zustehen. Eine Gebührenvereinbarung ist nicht getroffen worden.
Gegenstand war eine Erstberatung. Da die Beratung über Unterhalt umfangreich ist, dürfte die angemessene BGB-Gebühr über 190,00 EUR liegen. Mangels einer Vereinbarung können hier jedoch maximal 190,00 EUR abgerechnet werden. Eine Postentgeltpauschale dürfte bei bloßer mündlicher Beratung nicht angefallen sein (siehe Rdn 13).
Beispiel 7: Beratungsgebühr nach BGB, Erstberatung (II)
Die Kindesmutter hatte sich in einem kurzen Telefonat darüber beraten lassen, ob sie die Kosten der anstehenden Klassenfahrt des gemeinschaftlichen Kindes in Höhe von 300,00 EUR allein tragen oder ob sich der Kindesvater daran beteiligen muss.
Gegenstand war wiederum eine Erstberatung. Diese dürfte hier jedoch von Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung im unteren Bereich liegen, so dass die Kappungsgrenze nicht erreicht sein dürfte. Hier soll von einer angemessenen Gebühr in Höhe von 50,00 EUR ausgegangen werden. Eine Postentgeltpauschale dürfte wiederum nicht angefallen sein (siehe Rdn 13).
Beispiel 8: Umfangreiche mündliche Beratung
Der Anwalt hatte die Ehefrau nach der Trennung in mehreren ausführlichen Gesprächen darüber beraten, welche Unterhaltsansprüche ihr gegen ihren Ehemann zustehen und hat auch verschiedene Berechnungen vorgenommen. Eine Gebührenvereinbarung ist nicht getroffen worden.
Gegenstand war keine Erstberatung mehr. Da die Beratung umfangreich war, dürfte eine angemessene Gebühr hier über 250,00 EUR liegen. Mangels einer Vereinbarung können jedoch maximal 250,00 EUR abgerechnet werden. Eine Postentgeltpauschale dürfte bei bloßer mündlicher Beratung nicht angefallen sein (siehe Rdn 13).
Beispiel 9: Umfangreiche schriftliche Beratung
Der Anwalt hatte nach der Trennung die Ehefrau in mehreren ausführlichen Gesprächen darüber beraten, welche Unterhaltsansprüche ihr gegen ihren Ehemann zustehen und wunschgemäß die Berechnungen noch einmal schriftlich zusammengefasst und der Mandantin zugeschickt. Eine Gebührenvereinbarung ist nicht getroffen worden.
Gegenstand war auch hier keine Erstberatung, zumal eine schriftliche Beratung niemals eine Erstberatung sein kann. Abzurechnen sind hier aber auch wiederum höchstens 250,00 EUR. Allerdings kommt jetzt wegen der Versendung des Beratungsergebnisses eine Postentgeltpauschale hinzu.