Antje Dudenbostel, Saskia M. Schmid
Rz. 243
Bei der Eingliederung bewahrt also der aufnehmende Betrieb(steil) seine Identität. Das Dazukommen des eingegliederten Betriebs(teils) verändert ihn – insbesondere im Hinblick auf die Organisation der Arbeitsabläufe, die Leitungsstruktur und den Betriebszweck – nicht so wesentlich, dass er nach der Eingliederung ein "anderer" wäre.
Rz. 244
Der eingegliederte Betrieb(steil) verliert demgegenüber seine Identität im engeren Sinne, er wird in einen fremden Betrieb, den aufnehmenden Betrieb, integriert.
Rz. 245
Da der aufnehmende Betrieb(steil) im Zuge der Eingliederung seine Identität wahrt, der Betrieb also durch die Eingliederung eines weiteren Teils lediglich vergrößert aber in seiner Struktur nicht wesentlich verändert wird, gelten Betriebsvereinbarungen, die vor der Eingliederung im aufnehmenden Betrieb(steil) galten, nach h.M. auch nach der Eingliederung weiter. Ihre Wirkung erstreckt sich dabei grundsätzlich auf den gesamten Betrieb, also auch auf die eingegliederten Bereiche, die durch die Eingliederung in dem aufnehmenden Betrieb aufgegangen sind.
Rz. 246
Weniger einheitlich ist das Meinungsbild hinsichtlich der Betriebsvereinbarungen, die vor der Eingliederung im eingegliederten Betriebs(teil) galten.
Rz. 247
Die wohl h.M. in der Literatur differenziert: soweit im aufnehmenden Betrieb(steil) Betriebsvereinbarungen existieren, enden die den gleichen Regelungsgegenstand betreffenden Betriebsvereinbarungen des eingegliederten Betriebs(teils) mit der Eingliederung. Die Betriebsvereinbarungen des eingegliederten Betriebs(teils), die einen Regelungsgegenstand betreffen, zu dem es im aufnehmenden Betriebs(teil) keine Betriebsvereinbarung gibt, enden hingegen nicht, sondern gelten – für die Beschäftigten, für die sie auch zuvor bereits galten – weiter. Dies soll zumindest dann der Fall sein, wenn sie im aufnehmenden Betrieb ihre Gestaltungsaufgabe bewahren bzw. wenn der eingegliederte Betriebs(teil) innerhalb des aufnehmenden Betriebs in räumlicher und organisatorischer Hinsicht abgrenzbar bleibt.
Rz. 248
Bei der Eingliederung gibt es nach der h.M. in der Literatur somit keinen Gleichlauf zwischen Übergangsmandat und normativer Weitergeltung. Denn bei einer Spaltung eines Betriebs und Eingliederung eines Betriebsteils in einen Betrieb mit Betriebsrat entsteht gem. § 21a Abs. 1 BetrVG kein Übergangsmandat. Dennoch geht die h.M. in der Literatur von einer normativen Weitergeltung der Betriebsvereinbarungen des eingegliederten Betriebs(teils) aus, sofern im aufnehmenden Betrieb für den jeweiligen Regelungsgegenstand keine Betriebsvereinbarungen bestehen.
Rz. 249
Zu beachten ist allerdings, dass Kreutz ausdrücklich nur die Eingliederung eines Betriebsteils nach vorangegangener Spaltung behandelt. Was für Eingliederungen ganzer Betriebe ohne vorangegangene Spaltung gelten soll, thematisiert er nicht. Dies könnte insofern relevant sein, als dass Kreutz bei Eingliederungen ohne vorangegangene Spaltung die Entstehung eines Übergangsmandats ablehnt. Da er jedoch bei unternehmensinternen Eingliederungen auch im Übrigen eine normative Weitergeltung über Fälle des Übergangsmandats hinaus annimmt, liegt nahe, dass er bei unternehmensinternen Umstrukturierungen Eingliederungen ohne vorangegangener Spaltung (wie die h.M.) ebenso behandeln würde wie solche mit vorangegangener Spaltung.
Rz. 250
Darüber hinaus soll ein im Hinblick auf die Eingliederung abgeschlossener Sozialplan auch unabhängig hiervon seine Wirkung behalten.
Rz. 251
Kreft hält eine Weitergeltung der Betriebsvereinbarungen des eingegliederten Betriebs(teils) zumindest dann nicht für ausgeschlossen, wenn dieser auch nach der Eingliederung noch einen organisatorisch relativ eigenständigen Betriebsteil innerhalb des aufnehmenden Betriebs darstellt.
Rz. 252
Die Vertreter der "strengen Identitätstheorie" kommen aufgrund des mit der Eingliederung für den eingegliederten Betriebs(teil) einhergehenden Verlusts der Identität im engeren Sinne zu dem Ergebnis, dass sämtliche Betriebsvereinbarungen des eingegliederten Betriebs(teils) mit der Eingliederung enden und ausschließlich etwaige Betriebsvereinbarungen des aufnehmenden Betriebs gelten. Das bedeutet, dass selbst dann, wenn im aufnehmenden Betrieb keine Betriebsvereinbarung zu dem entsprechenden Regelungsgegenstand besteht, die Betriebsvereinbarung des eingegliederten Betriebs(teils) endet und die Beschäftigten insoweit schutzlos sind.
Rz. 253
Dies führt jedoch zu einem Wertungswiderspruch zwischen unternehmensinternen Eingliederungen und solchen, die mit einem Betriebsinhaberwechsel einhergehen: Während "sogar" bei einer Eingliederung mit Betriebsinhaberwechsel die Betriebsvereinbarungen des eingegliederten Betriebs(teils) ohne "Pendant" im aufnehmenden Betrieb des Erwerbers aufgrund der Auffanglösung des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB im Rahmen der Transformation in die Arbeitsverhältnisse weiterwirken, gingen die Beschäftigten bei Eingliederungsfällen innerhalb d...