Antje Dudenbostel, Saskia M. Schmid
Rz. 482
Verbandstarifverträge sind Tarifverträge, die auf Arbeitgeberseite durch den Arbeitgeberverband abgeschlossen werden. Tarifvertragsparteien eines Verbandstarifvertrags sind also Gewerkschaft und Arbeitgeberverband. Dies gilt unabhängig davon, ob der Verbandstarifvertrag – wie in der überwiegenden Zahl der Fälle – für eine Vielzahl an Unternehmen gilt (sog. Flächentarifvertrag), oder ob der Geltungsbereich des Verbandstarifvertrags auf ein einzelnes Unternehmen beschränkt ist (sog. firmenbezogener Verbandstarifvertrag). Entscheidend für die Einordnung als Verbandstarifvertrag ist allein, wer den Tarifvertrag auf Arbeitgeberseite abschließt, nicht für wen er gilt.
(1) Einzelrechtsnachfolge
Rz. 483
Da der Arbeitgeber nicht selber Vertragspartei eines Verbandstarifvertrags ist, kann seine normative Bindung an einen Verbandstarifvertrag nur gem. § 3 Abs. 1 Alt. 1 TVG aus seiner Mitgliedschaft im tarifvertragschließenden Arbeitgeberverband oder gem. § 5 TVG aus der Allgemeinverbindlichkeit des Verbandstarifvertrags resultieren.
Rz. 484
Die Mitgliedschaft des Arbeitgebers im Arbeitgeberverband ist nach einhelliger Meinung höchstpersönlicher Natur; sie ist daher nicht übertragbar und kann nicht im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf den Betriebserwerber übergehen.
Rz. 485
Das bedeutet, dass sich die (normative) Weitergeltung eines Tarifvertrags nach einem Betriebsübergang nur aus einer originären Tarifbindung des neuen Rechtsträgers nach den allgemeinen Grundsätzen ergeben kann. Ein Verbandstarifvertrag gilt somit zwischen übergegangenem Arbeitnehmer und neuem Arbeitgeber normativ (weiter), wenn der Erwerber seinerseits Mitglied des tarifvertragschließenden Arbeitgeberverbands ist oder der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt ist und das Arbeitsverhältnis/der Betrieb auch nach dem Betriebsübergang noch in den fachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags fällt.
(2) Gesamtrechtsnachfolge
Rz. 486
Da die Mitgliedschaft des Arbeitgebers im Arbeitgeberverband nach einhelliger Meinung höchstpersönlicher Natur ist, tritt der neue Rechtsträger auch nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in die Mitgliedschaft des bisherigen Rechtsträgers im Arbeitgeberverband ein. Auch bei einer Gesamtrechtsnachfolge gilt daher, dass ein Verbandstarifvertrag nur dann normativ (weiter)gilt, wenn der neue Rechtsträger seinerseits Mitglied im tarifvertragsschließenden Arbeitgeberverband ist oder der Verbandstarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt ist und das Arbeitsverhältnis/der Betrieb weiterhin in den Geltungsbereich des Verbandstarifvertrag fällt.