a) Ausgangssituation
Rz. 153
Bei den echten Auslandsgesellschaften handelt es sich um englische private limited companies mit Satzungs- und Verwaltungssitz im Vereinigten Königreich, die dort nachhaltig unternehmerisch tätig sind. Diese (echten) Auslandsgesellschaften sind in Deutschland auch nach dem 1.1.2021 uneingeschränkt anzuerkennen, und zwar als Kapitalgesellschaften (und nicht nur als Personengesellschaften). Rechtsgrundlage dafür ist das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich (siehe Rdn 66 ff.).
Rz. 154
Die Rechtslage hat sich damit für die echten Auslandsgesellschaften nicht geändert. Diese wurden bis zum 31.12.2020 auf der Grundlage der europäischen Niederlassungsfreiheit (bzw. des Austrittsabkommens) rechtlich anerkannt. Seit dem 1.1.2021 werden die echten Auslandsgesellschaften auf der Grundlage des Handels- und Kooperationsabkommens anerkannt. Im Ergebnis hat sich an der rechtlichen Anerkennung somit nichts geändert.
b) Handelsregister
aa) Eintragungspflicht
Rz. 155
Eine gesetzliche Eintragungspflicht besteht in diesem Fall nicht. Bei der inländischen Zweigniederlassung einer englischen private limited company (echte Auslandsgesellschaft) muss zum deutschen Handelsregister nicht angemeldet werden, dass die Gesellschaft der ausländischen Hauptniederlassung unverändert besteht. Für eine solche Anmeldung besteht keine Rechtsgrundlage. Eine entsprechende Anmeldeverpflichtung ist weder im deutschen Handelsgesetzbuch (siehe §§ 13d ff. HGB) noch in den europäischen Richtlinien zum Gesellschafts- und Zweigniederlassungsrecht vorgesehen.
Rz. 156
Lediglich bei der erstmaligen Anmeldung einer neuen inländischen Zweigniederlassung ist das "Bestehen der Gesellschaft" (§ 13e Abs. 2 S. 2 HGB) anzumelden und nachzuweisen. Bei einer eingetragenen Zweigniederlassung ist das unveränderte Bestehen der Gesellschaft aber weder anzumelden noch nachzuweisen.
bb) Eintragungsrecht
Rz. 157
Eine gesetzliche Pflicht zur Handelsregisteranmeldung besteht bei echten Auslandsgesellschaften somit nicht. Gleichwohl könnte zumindest ein Recht bestehen, den unveränderten Fortbestand der englischen private limited company (echte Auslandsgesellschaft) freiwillig zum deutschen Handelsregister anzumelden.
Rz. 158
Die Rechtsprechung geht allerdings davon aus, dass eine Eintragung von Tatsachen im Handelsregister nur dann zulässig ist, wenn diese entweder gesetzlich angeordnet ist oder dafür ein erhebliches Bedürfnis des Rechtsverkehrs besteht. Dies wird vor allem mit dem Grundsatz der Registerklarheit und der Publizitätsfunktion des Handelsregisters begründet. Die Gefahr einer Irreführung des Rechtsverkehrs durch die Eintragung sonstiger Tatsachen soll dadurch verhindert werden. Demnach kommt es darauf an, ob an der Eintragung des Fortbestehens der englischen private limited company als Kapitalgesellschaft englischen Rechts (echte Auslandsgesellschaft) ein erhebliches Bedürfnis des Rechtsverkehrs besteht. Dies ist zu bejahen.
Rz. 159
Im deutschen Handelsregister werden nur inländische Zweigniederlassungen von ausländischen Einzelkaufleuten oder juristischen Personen (Kapitalgesellschaften) eingetragen (§§ 13d ff. HGB). Dagegen ist die Eintragung von inländischen Zweigniederlassungen ausländischer Personengesellschaften nicht vorgesehen. Diese sind weder eintragungspflichtig noch eintragungsfähig.
Für die Publizitätsfunktion des Handelsregisters ist es daher von entscheidender Bedeutung, ob es sich bei der ausländischen Hauptniederlassung um eine Kapitalgesellschaft oder um eine Personengesellschaft handelt. Das deutsche Handelsregister würde einen falschen Anschein erwecken, wenn die Zweigniederlassung einer englischen Kapitalgesellschaft eingetragen ist, bei der es sich seit dem 1.1.2021 nicht mehr um eine Kapitalgesellschaft, sondern um eine Personengesellschaft handelt. Die Teilnehmer des Rechtsverkehrs würden dadurch in die Irre geführt. Das deutsche Handelsregister der inländischen Zweigniederlassung hat aber die Funktion, über die rechtlichen Verhältnisse der ausländischen Gesellschaft rechtssicher und zuverlässig zu unterrichten.
Rz. 160
Der Brexit hat in vielen Lebensbereichen zu großer Rechtsunsicherheit geführt. Die Rechtslage ist vielfach unklar. Daran wird sich auf absehbare Zeit nichts ändern. Eine Klärung der vielen Fragen des nationalen, europäischen und internationalen Rechts durch die (zuständigen) Gerichte wird noch lange Zeit dauern.
In dieser Zeit der Unsicherheit muss das Handelsregister für Sicherheit sorgen. Die (freiwillige) Anmeldung und Eintragung, dass die englische private limited company auch nach dem 1.1.2021 als Kapitalgesellschaft englischen Rechts (echte Auslandsgesellschaft) unverändert fortbesteht, muss daher möglich sein. Die Teilnehmer des Rechtsverkehrs haben ein berechtigtes Interesse, zu erfahren, ob die ausländische Gesellschaft als Kapitalgesellschaft überhaupt noch wirksam besteht und als solche auch anerkannt wird. Darüber hinaus hat auch die Zweigniederlassung ein Bedürfnis, im Rechtsverkehr nachzuweisen, dass sie auch na...