Rz. 115
Die Rechtslage stellt sich bei einer Mehrpersonen-Limited in Gestalt einer unechten Auslandsgesellschaft (Scheinauslandsgesellschaft) somit wie folgt dar:
Rz. 116
Tatsächlich handelt es sich bei der englischen Kapitalgesellschaft und der deutschen Personengesellschaft um eine Gesellschaft (und einen Rechtsträger). Rechtlich wird die Form der Gesellschaft im Vereinigten Königreich und Deutschland aber unterschiedlich beurteilt. Es handelt sich dabei nicht um einen rechtlichen Formwechsel einer Gesellschaft (im Sinne des Umwandlungsrechts), sondern um eine Art virtuellen Formwechsel im grenzüberschreitenden Raum (und außerhalb des Umwandlungsrechts). Die Rechtsfolgen dieses virtuellen Formwechsels werden in den Vorschriften über den rechtlichen Formwechsel allerdings weitgehend zutreffend erfasst. Daher erscheint es sachgerecht, den in diesen Vorschriften zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken (siehe u.a. § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG und Art. 86r der EU-Mobilitätsrichtlinie) auch hier zur Anwendung zu bringen.
Rz. 117
Der virtuelle Formwechsel hat sich materiell-rechtlich bereits zum 1.1.2021 vollzogen. Die Folgen des virtuellen Formwechsels müssen allerdings auch verfahrensrechtlich nachvollzogen werden. Im Rechtsverkehr muss Klarheit und Sicherheit über die geänderte Rechtsform bestehen. Die Änderung der Rechtslage muss zudem gegenüber Dritten nachgewiesen werden. Insoweit kann auf das deutsche Handelsregister zurückgegriffen werden, in dem die inländische Zweigniederlassung der englischen private limited company eingetragen ist (näher dazu Rdn 149 ff.).
Rz. 118
Der virtuelle Formwechsel der englischen private limited company in eine deutsche Personengesellschaft kann (und muss) zur Eintragung in das Handelsregister der Zweigniederlassung (Abteilung HR B) angemeldet werden. Dabei kann die Gesellschaft mit ihrer neuen Rechtsform (samt Firma bzw. Name, Sitz, Geschäftsanschrift, Gesellschaftern und Vertretungsbefugnis) angemeldet und eingetragen werden.
Bei einer Umqualifizierung in eine offene Handelsgesellschaft muss diese neu zum deutschen Handelsregister (Abteilung A) angemeldet werden (§§ 12, 106 ff. HGB). In der Handelsregisteranmeldung kann (und sollte) gleichfalls auf den virtuellen Formwechsel Bezug genommen werden (auch wenn § 198 UmwG weder unmittelbar noch entsprechend Anwendung findet).
Rz. 119
Auf diese Weise ist die Änderung der Rechtslage für jedermann klar erkennbar. Dies dient der Sicherheit des Rechtsverkehrs. Angesichts der zahlreichen Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit dem Brexit ist eine solche Verlautbarung im Handelsregister rechtlich geboten.
Rz. 120
Die Eintragung im Handelsregister ermöglicht dann (zusammen mit der öffentlich beglaubigten Handelsregisteranmeldung) zugleich einen entsprechenden Nachweis über die eingetretenen Veränderungen. Ein solcher Beleg kann dann auch bei Gerichten (wie etwa Grundbuchämtern), Behörden (z.B. Finanzämtern) oder Geschäftspartnern (z.B. Banken) vorgelegt werden. Dies vermeidet etwaige Irritationen und erleichtert den Rechtsverkehr.