(1) Ausgangssituation
Rz. 111
Bei einer Mehrpersonen-Limited besteht die englische Kapitalgesellschaft fort. Die deutsche Personengesellschaft ist nicht Rechtsnachfolgerin der englischen Kapitalgesellschaft.
Rz. 112
Für eine Gesamtrechtsnachfolge gibt es keine Rechtsgrundlage (siehe demgegenüber etwa § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Eine Einzelrechtsnachfolge liegt nicht vor. Bei der englischen Kapitalgesellschaft und der deutschen Personengesellschaft handelt es sich rechtlich um ein und dieselbe Gesellschaft. Lediglich die Rechtsform der Gesellschaft wird aus deutscher und englischer Sicht unterschiedlich beurteilt.
Rz. 113
Diese Situation ähnelt in gewisser Weise den Wirkungen eines Formwechsels (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG, wonach der formwechselnde Rechtsträger in der in dem Umwandlungsbeschluss bestimmten Rechtsform weiter besteht). Bei einem Formwechsel bleibt der Rechtsträger als solcher unverändert bestehen und ändert nur seine Rechtsform. Im vorliegenden Zusammenhang bleibt die Gesellschaft gleichfalls bestehen und ändert (jedenfalls aus deutscher Sicht) ihre Rechtsform. Diese Umqualifizierung könnte rechtlich somit ähnlich zu beurteilen sein wie die Folgen eines Formwechsels.
Rz. 114
Eine unmittelbare Anwendung der Vorschrift über die Wirkungen des Formwechsels (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) scheidet aber aus. Es fehlt nicht nur an einem inländischen Rechtsträger (§ 1 Abs. 1 UmwG), sondern auch an einem entsprechenden Umwandlungsbeschluss (§ 193 UmwG). Eine analoge Anwendung (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) kommt aufgrund der zwingenden Vorgaben des Umwandlungsgesetzes (§ 1 Abs. 2 UmwG) gleichfalls nicht in Betracht. Zudem ist auch die Vergleichbarkeit nicht gegeben.
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Beim Formwechsel treten die Wirkungen mit der "Eintragung des neuen Rechtsträgers in das Register" ein. Bei der Umqualifizierung der englischen private limited company erfolgt aber keine Eintragung im Handelsregister. |
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Beim Formwechsel besteht der Rechtsträger in der Form weiter, die im "Umwandlungsbeschluss" bestimmt worden ist. Einen Umwandlungsbeschluss gibt es bei der englischen private limited company aber nicht. Deshalb ist auch nicht klar, ob diese als offene Handelsgesellschaft oder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts fortbesteht. In keiner Weise "bestimmt" sind u.a. auch Firma bzw. Name der Gesellschaft, Sitz und Geschäftsanschrift, Gesellschafter und deren Vertretungsbefugnis. |
(2) Identität des Rechtsträgers
Rz. 115
Die Rechtslage stellt sich bei einer Mehrpersonen-Limited in Gestalt einer unechten Auslandsgesellschaft (Scheinauslandsgesellschaft) somit wie folgt dar:
Rz. 116
Tatsächlich handelt es sich bei der englischen Kapitalgesellschaft und der deutschen Personengesellschaft um eine Gesellschaft (und einen Rechtsträger). Rechtlich wird die Form der Gesellschaft im Vereinigten Königreich und Deutschland aber unterschiedlich beurteilt. Es handelt sich dabei nicht um einen rechtlichen Formwechsel einer Gesellschaft (im Sinne des Umwandlungsrechts), sondern um eine Art virtuellen Formwechsel im grenzüberschreitenden Raum (und außerhalb des Umwandlungsrechts). Die Rechtsfolgen dieses virtuellen Formwechsels werden in den Vorschriften über den rechtlichen Formwechsel allerdings weitgehend zutreffend erfasst. Daher erscheint es sachgerecht, den in diesen Vorschriften zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken (siehe u.a. § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG und Art. 86r der EU-Mobilitätsrichtlinie) auch hier zur Anwendung zu bringen.
Rz. 117
Der virtuelle Formwechsel hat sich materiell-rechtlich bereits zum 1.1.2021 vollzogen. Die Folgen des virtuellen Formwechsels müssen allerdings auch verfahrensrechtlich nachvollzogen werden. Im Rechtsverkehr muss Klarheit und Sicherheit über die geänderte Rechtsform bestehen. Die Änderung der Rechtslage muss zudem gegenüber Dritten nachgewiesen werden. Insoweit kann auf das deutsche Handelsregister zurückgegriffen werden, in dem die inländische Zweigniederlassung der englischen private limited company eingetragen ist (näher dazu Rdn 149 ff.).
Rz. 118
Der virtuelle Formwechsel der englischen private limited company in eine deutsche Personengesellschaft kann (und muss) zur Eintragung in das Handelsregister der Zweigniederlassung (Abteilung HR B) angemeldet werden. Dabei kann die Gesellschaft mit ihrer neuen Rechtsform (samt Firma bzw. Name, Sitz, Geschäftsanschrift, Gesellschaftern und Vertretungsbefugnis) angemeldet und eingetragen werden.
Bei einer Umqualifizierung in eine offene Handelsgesellschaft muss diese neu zum deutschen Handelsregister (Abteilung A) angemeldet werden (§§ 12, 106 ff. HGB). In der Handelsregisteranmeldung kann (und sollte) gleichfalls auf den virtuellen Formwechsel Bezug genommen werden (auch wenn § 198 UmwG weder unmittelbar noch entsprechend Anwendung fi...