Dr. iur. Christian Saueressig
Rz. 69
Hinsichtlich der Beweislastverteilung hält die Rspr. mit großer Konsequenz an dem Grundsatz fest, dass jede Partei die Voraussetzung der ihr günstigen Norm zu beweisen hat, vgl. § 5 Rdn 219 ff.
Nur selten geht sie wegen besonderer Schwierigkeiten der Beweisführung von einer Umkehr der Beweislast aus.
Die konsequente Anwendung der Beweislastregelung gefährdet jedoch dann eine sachgerechte Entscheidung, wenn einer Partei die Führung eines negativen Beweises abverlangt wird. Diese Beweisschwierigkeit gleicht die Rspr. dadurch aus, dass sie den Gegner mit erhöhten Anforderungen an die Substantiierung seines Vorbringens belastet.
a) Anwaltshaftung
Rz. 70
Ein Kläger findet in den Gründen des klagabweisenden Urteils, er sei für eine entscheidungserhebliche Behauptung beweisfällig geblieben. Er macht gegenüber seinem Anwalt geltend, ihm Zeugen benannt zu haben. Das räumt der Anwalt auch ein, verteidigt sich aber damit, letztlich habe der Kläger jedoch aus persönlichen Gründen den Beweisantritt nicht gewollt.
Will der Mandant den Anwalt aus Vertragsverletzung auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, muss er die Einlassung des Anwaltes widerlegen. Dass ihm damit ein schwer zu führender negativer Beweis aufgebürdet wird, nimmt der BGH ausdrücklich in Kauf. Weil die Rspr. sich bislang – aus gutem Grunde – nicht entschließen konnte, zur Vermeidung solcher Beweisschwierigkeiten, dem Anwalt wie einem Arzt eine Dokumentationspflicht aufzuerlegen, hilft sie dessen Mandanten durch erhöhte Anforderungen an die Substantiierungslast des Anwaltes.
BGH NJW 1987, 1322, 1323:
Zitat
Die Anforderungen an die Substantiierungspflicht des wegen unzureichender Belehrung in Anspruch genommenen Anwaltes werden durch die Umstände des Einzelfalles bestimmt. Keinesfalls kann sich der Anwalt damit begnügen, eine Pflichtverletzung zu bestreiten oder ganz allgemein zu behaupten, er habe den Mandanten ausreichend unterrichtet. Vielmehr muss er den Gang der Besprechung im Einzelnen schildern, insbesondere konkrete Angaben darüber machen, welche Belehrung und Ratschläge er erteilt und wie der Mandant darauf reagiert hat. Der Anwalt hat darzulegen, dass und wie er auf ein eventuell bestehendes hohes Kostenrisiko hingewiesen hat […]
BGH NJW 2008, 371:
Zitat
Den Mandanten trifft die Beweislast dafür, dass der Rechtsanwalt seiner Hinweispflicht aus § 49 V BRAO nicht nachgekommen ist. Der Anwalt muss allerdings konkret darlegen, in welcher Weise er belehrt haben will.
Andererseits betont der BGH allerdings auch, dass die Anforderungen nicht überzogen werden dürfen.
Vgl. des Weiteren § 5 Rdn 275 zur Beweislast.
b) Arbeitsverhältnis
Rz. 71
Begründet der Arbeitgeber seine Kündigung des Arbeitsverhältnisses damit, dass der Arbeitnehmer vertragswidrig nicht zum Dienst erschienen sei, kann der Arbeitnehmer den Vorwurf der Vertragswidrigkeit seines Fernbleibens nicht einfach pauschal bestreiten, sondern er muss im einzelnen Gründe angeben, die ihn an der Erbringung seiner Arbeitsleistung gehindert haben; ihn trifft also die Substantiierungslast.
c) Aufschiebende Bedingung/Auflösende Bedingung
Rz. 72
Ist streitig, ob ein Vertrag unbedingt oder unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen worden ist, trägt diejenige Partei die Beweislast für den unbedingten Vertragsabschluss, die daraus Rechte ableiten will. Diejenige Partei, die sich auf eine aufschiebende Bedingung beruft, macht nach der Rspr. des BGH keine von ihr zu beweisenden Einwendungen geltend, sondern leugnet die Wirksamkeit des Vertrages. Voraussetzung ist aber, dass sie substantiiert vorträgt.
Für die Vereinbarung und den Eintritt einer auflösenden Bedingung ist derjenige beweispflichtig, der sich gegenüber einem Anspruch darauf beruft, der entstandene Anspruch sei durch Eintritt einer vereinbarten auflösenden Bedingung untergegangen.
d) Ehelichkeitsanfechtung
Rz. 73
BGH NJW 1998, 2976:
Zitat
Für eine Ehelichkeitsanfechtungsklage des Ehemannes reicht das Vorbringen, der Kläger sei nicht der Vater des beklagten Kindes, seine Vaterschaft könne durch Sachverständigengutachten ausgeschlossen werden, nicht aus. Vielmehr muss der Kläger Umstände vortragen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Zweifel an der Ehelichkeit zu wecken und die Möglichkeit nichtehelicher Abstammung als nicht fernliegend erscheinen lassen (siehe auch § 5 Rdn 17).
e) Festpreisvereinbarung
Rz. 74
Aus der Fassung des § 632 Abs. 2 BGB, wonach der übliche Werklohn geschuldet ist, sofern keine Preisabrede get...