Dr. iur. Christian Saueressig
Rz. 14
Macht ein Unternehmer einen Vergütungsanspruch nach Zeitaufwand geltend, muss er zur schlüssigen Begründung seines Vergütungsanspruchs im Ausgangspunkt zunächst nur darlegen und ggf. beweisen, wie viele Stunden für die Erbringung der Vertragsleistungen mit welchen Stundensätzen angefallen sind. Demgegenüber setzt die schlüssige Abrechnung eines Stundenlohnvertrags grundsätzlich keine Differenzierung in der Art voraus, dass die abgerechneten Arbeitsstunden einzelnen Tätigkeiten zugeordnet und/oder nach zeitlichen Abschnitten aufgeschlüsselt werden. Solch eine Zuordnung mag zwar sinnvoll sein. Zur nachprüfbaren Darlegung des vergütungspflichtigen Zeitaufwands erforderlich ist sie jedoch nicht, weil seine Bemessung und damit die im Vergütungsprozess erstrebte Rechtsfolge nicht davon abhängt, wann der Unternehmer welche Tätigkeit ausgeführt hat. Sie muss deshalb vom Unternehmer nur in den Fällen vorgenommen werden, in denen die Vertragsparteien eine dementsprechend detaillierte Abrechnung rechtsgeschäftlich vereinbart haben. Umgekehrt ist es Sache des Bestellers, eine Begrenzung der Stundenlohnvergütung dadurch zu bewirken, dass er Tatsachen vorträgt, aus denen sich die Unwirtschaftlichkeit der Betriebsführung des Unternehmers ergibt. Soweit infrage steht, ob es sich bei den abgerechneten Stunden um Nachbesserungsarbeiten handelt, trifft die Darlegungslast den Besteller.
Bei einem Werklohnanspruch nach BGB ist weiter sorgfältig zu prüfen, ob die Fälligkeit der Vergütung zusätzlich von der Erteilung einer prüffähigen Schlussrechnung abhängig ist oder nicht. Bei einem BGB-Vertrag ist grundsätzlich die Abnahme die einzige Fälligkeitsvoraussetzung, der Erteilung einer Schlussrechnung bedarf es allgemein nicht. Der BGH hat jedoch – und unabhängig von der Vereinbarung der VOB/B bzw. einer entsprechenden vertraglichen Verpflichtung zur Erstellung einer Schlussrechnung – jedenfalls eine Verpflichtung des Unternehmers, innerhalb angemessener Frist nach Beendigung des Bauvorhabens, eine Schlussabrechnung vorzunehmen, angenommen. Insbesondere bei der Vereinbarung von Voraus- und Abschlagszahlungen erscheint dies sinnvoll, da diesen nur ein vorläufiger Charakter zukommt und der Unternehmer Auskunft darüber zu erteilen hat, ob und inwieweit der endgültige Vergütungsanspruch diesen Zahlungen entspreche. Die Verpflichtung zur Abrechnung folge – so der BGH – aus der Abrede über die vorläufigen Zahlungen und bestehe unabhängig davon, ob sie im Vertrag, z.B. durch die Vereinbarung der VOB/B, ausdrücklich geregelt sei.
Für einen Bauvertrag (§ 650a BGB ff.) ist die Erteilung einer prüffähigen Schlussrechnung mittlerweile – wegen § 650g Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BGB – Fälligkeitsvoraussetzung. Wenn die VOB/B oder die HOAI vereinbart ist, setzt ein Werklohnanspruch neben der vertragsmäßigen Fertigstellung des Werkes und dessen Abnahme im Übrigen voraus, dass der Unternehmer dem Auftraggeber eine prüffähige Schlussrechnung vorlegt; für den Werklohn nach VOB Teil B ist das ausdrücklich in § 14 VOB/B geregelt, für die Honorarforderung des Architekten in § 15 Abs. 1 HOAI. Solange keine prüffähige Schlussrechnung vorgelegt wird, ist die Werklohnforderung bzw. der Honoraranspruch nicht fällig. Zu einem schlüssigen Vorbringen bei einem Vertrag nach VOB/B oder HOAI gehört deshalb regelmäßig der Vortrag, dass dem Gegner eine prüffähige Schlussrechnung zugegangen ist. Diese Rechnung braucht dem Gericht aber nicht vorgelegt zu werden, wenn der Beklagte insoweit keine Einwendungen erhebt. Wird sie aber vorgelegt und springt die mangelnde Prüfbarkeit dem Gericht ins Auge – was bei den Honorarrechnungen der Architekten immer wieder vorkommt – so müsste das Gericht die Klage mangels Fälligkeit schon aus diesem Grunde abweisen. Denn wenn die Prüffähigkeit Anspruchsvoraussetzung ist, kann das Gericht die Unzulänglichkeit der Rechnung nicht übergehen, ganz gleich, ob sich der Beklagte auf diesen Mangel berufen hat oder nicht. Relativiert wird dies allerdings dadurch, dass der BGH entschieden hat, dass der Werklohn bei einer objektiv nicht prüfbaren Schlussrechnung auch dann fällig wird, wenn nicht binnen zwei Monaten nach Zugang der Schlussrechnung Einwendungen gegen deren Prüfbarkeit erhoben werden. Hat der Gegner die Schlussrechnung mithin nicht rechtzeitig gerügt, kann auch die fehlende Prüffähigkeit nicht dazu führen, dass das Gericht nicht in die Sachprüfung einsteigt, ob die Forderung berechtigt ist oder nicht.
Rz. 15
In ähnlicher Weise hat der BGH einer allzu rigorosen Nichtberücksichtigung des klägerischen Parteivorbringens wegen mangelnder Prüffähigkeit der Schlussrechnung in entsprechenden Entscheidungen für den Honoraranspruch des Architekten einen Riegel vorgeschoben.
Bestreitet der Beklagte die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Rechnung des Architekten gar nicht, so kann das Gericht seinen Honoraranspruch nicht mehr mit der Begründung verneinen, die Schlussrechnung sei nicht prüffähig; das gilt jedenfalls ...