Dr. iur. Christian Saueressig
1. Amtshaftung
Rz. 6
Unter dem Gesichtspunkt der Darlegungslast enthält der Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB insoweit eine Besonderheit, als zu seinen Anspruchsvoraussetzungen ein Negativum gehört. Dem Geschädigten steht nur dann ein Schadensersatzanspruch zu, wenn er keine anderweitige Ersatzmöglichkeit hat. Zumindest immer dann, wenn es nicht völlig fernliegend ist, dass auch ein Anspruch gegen einen Dritten in Betracht kommt, muss er von sich aus vortragen, dass und gegebenenfalls warum ihm keine Ersatzmöglichkeit zur Seite steht. Sonst ist seine Klage schon wegen dieses Mangels als unschlüssig abzuweisen. Kommt ein Anspruch gegen einen Dritten in Betracht, muss der Kläger darlegen, weshalb dessen Inanspruchnahme keine Aussicht auf Erfolg bietet. Sache des Beklagten ist es sodann, auf Ersatzmöglichkeiten hinzuweisen.
Rz. 7
Dasselbe gilt für den Schadensersatzanspruch aus Amtspflichtverletzung gegen den Notar nach § 19 Abs. 1 S. 1 BNotO. Häufigste anderweitige Ersatzmöglichkeit ist hier, nebenbei gesagt, der Rechtsanwalt. Sobald für den Vertragschließenden oder auch nur den durch eine Amtshandlung des Notars Begünstigten ein Anwalt tätig geworden ist, kommt er als vorrangig Ersatzpflichtiger in Betracht, wenn er die Amtshandlung des Notars nicht auf ihre Rechtsgültigkeit überprüft hat. Z.B. haftet der Anwalt für die Kosten des Rechtsstreits, wenn er den Verkäufer des Grundstückskaufvertrages vertritt und dieser in dem Rechtsstreit gegen den Käufer wegen der von dem Notar verschuldeten Nichtigkeit des Vertrages unterliegt; der Anwalt musste den Rechtsmangel erkennen. Der Anwalt haftet allein, obwohl der Notar die erste Ursache für den Schadenseintritt gesetzt hat.
Die Darlegung und der Nachweis des Fehlens einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit durch den Anspruchsteller ist – wie bei Ansprüchen nach § 839 BGB, vgl. Rdn 6 – Voraussetzung für die Erhebung der Haftpflichtforderung gegen den Notar.
2. Ersparte Aufwendungen bei Werkvertrag
Rz. 8
Nach § 648 S. 2 BGB hat der Werkunternehmer, dem nach § 648 S. 1 BGB gekündigt wurde, einen Anspruch auf die vertragliche Vergütung. Er muss sich aber auf seinen Anspruch unter anderem das anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Es wird ferner vermutet, dass danach dem Unternehmer fünf vom Hundert der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen (§ 648 S. 3 BGB). Diese ersparten Aufwendungen zu errechnen, ist mit Mühen verbunden. Denen kann sich der Unternehmer nach der Rspr. des BGH aber nicht entziehen, nach Aufgabe der früheren Rspr. des BGH auch nicht durch Pauschalvereinbarungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Zwar hält der BGH daran fest, dass es Sache des Bestellers ist, darzulegen und zu beweisen, dass höhere Ersparnisse oder mehr anderweitiger Erwerb erzielt wurde als der Unternehmer sich anrechnen lässt.
Aber:
Was er sich in diesem Sinne als Aufwendungen anrechnen lässt, hat der Unternehmer vorzutragen und zu beziffern, denn in der Regel ist nur er dazu in der Lage – es handelt sich um einen Anwendungsfall der sekundären Darlegungslast. Der Unternehmer hat daher zur Darlegung seiner Forderung aus § 648 S. 2 BGB ersparte Aufwendungen und anderweitigen Erwerb vorzutragen und zu beziffern. Dabei ist auf die Aufwendungen abzustellen, die durch Nichtausführung des konkreten Vertrags entfallen sind. Maßgebend sind die Aufwendungen, die sich nach den Vertragsunterlagen unter Berücksichtigung der Kalkulation ergeben. Dabei sind Einheitspreisverträge nach Positionen des Leistungsverzeichnisses abzurechnen.
Zur Vereinfachung der Abrechnung hat das Forderungssicherungsgesetz eine Vermutung eingeführt, die dem Unternehmer die Rechtsdurchsetzung erleichtern soll. Die Pauschalierung ist auf die Vergütung für die noch nicht erbrachten Leistungen zu beziehen, so dass eine Aufteilung des Vergütungsanspruchs auf erbrachte und nicht erbrachte Leistungen auch weiterhin erforderlich ist.
BGH NJW-RR 2011, 1588:
Zitat
Der Unternehmer kann seinen Anspruch auf Vergütung nach einer freien Kündigung des Werkvertrags nur dann auf die Vermutung in § 648 S. 3 BGB stützen, wenn er den Teil der vereinbarten Vergütung darlegt, der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfällt. Denn dieser Teil und nicht die gesamte vereinbarte Vergütung ist Bemessungsgrundlage für die Pauschale von 5 %.
Die Vermutung kann sowohl vom Unternehmer, der einen höheren Gewinnanteil geltend macht, als auch vom Besteller, der den Gewinnanteil niedriger ansetzt, widerlegt werden. Behauptet der Besteller, der Vergütungsersatzanspruch s...