Rz. 1273
Rz. 1274
BGH
Bei der Kollision zwischen einem wartepflichtigen Pkw (1) und einem vorfahrtberechtigten Motorradfahrer (2) tragen beide Unfallbeteiligten den Schaden jeweils zu 50 %. Dies gilt vor allem, weil der vorfahrtberechtigte Motorradfahrer sich der Kreuzung mit überhöhter Geschwindigkeit genähert hatte und keinen Schutzhelm trug.
Hinweis
Die Entscheidung des BGH stellt einen Nichtannahmebeschluss dar.
Rz. 1275
BGH
Der Beweis des ersten Anscheins lässt den Schluss zu, dass sich die Kopfverletzungen nach einem Motorradunfall hätten vermeiden lassen, wenn ein Helm getragen worden wäre. Allein die Tatsache, dass der Geschädigte einen großen Kopfumfang hat und Brillenträger ist, entbindet ihn nicht von der Helmpflicht. Der Geschädigte hat objektiv gegen § 21a Abs. 2 S. 1 StVO verstoßen. Er hat die Sorgfalt außer Acht gelassen, die nach Lage der Sache erforderlich war, um sich selbst vor Schaden zu bewahren. Dieser Verstoß hat die schweren und tödlichen Verletzungen verursacht.
Rz. 1276
OLG Brandenburg
Trägt ein Motorradfahrer keine Motorradschutzkleidung und wird er bei einem Unfall verletzt, muss er sich ein Mitverschulden anrechnen lassen. Es gibt zwar anders als bei der Helmtragepflicht keine gesetzlichen Vorschriften darüber, dass geeignete Schutzkleidung zu tragen ist. Ein Mitverschulden des Verletzten ist aber anzunehmen, wenn er diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt. Bei der Frage, ob ein Verschulden gegen sich selbst vorliegt, muss berücksichtigt werden, welche konkreten Gefahren gegeben sind, und der Gesichtspunkt, was den Verkehrsteilnehmern zuzumuten ist, um diese Gefahren möglichst gering zu halten.
Rz. 1277
KG
Ein Fahrlehrer muss den jeweiligen Ausbildungsstand seines Fahrschülers berücksichtigen, wenn er von ihm neue Aufgaben abverlangt. Es liegt keine Pflichtverletzung vor, wenn der Fahrschüler nach mehreren Doppelfahrstunden ein größeres Motorrad benutzen soll, welches bezüglich der Bedienungshebel nur sehr geringe Unterschiede aufweist. Auch selbst auf die Mitteilung des Fahrschülers hin, dass er Schwierigkeiten mit der Bedienung hat, muss es für den Fahrlehrer nicht erkennbar sein, dass der Fahrschüler aufgrund der Unterschiede dem Fahren auf einem privaten Übungsgelände nicht gewachsen ist. Eine Haftung für einen durch falsches Bedienen verursachten Sturz besteht nicht, wenn der Fahrschüler Bremsen und Gasgeben verwechselt.
Rz. 1278
KG
Ein Kradfahrer, der sein Motorrad zügig beschleunigt, ohne dass er seinen Sozius vorwarnt, handelt pflichtwidrig, wenn er wusste, dass sich der Sozius nicht in sicherer Weise an ihm festhält. Die zügige Beschleunigung, die ohne Vorwarnung durchgeführt wurde, war ursächlich für den Sturz des Sozius, der sich hierdurch eine Querschnittslähmung zuzog. Die Pflicht seinen Sozius zu warnen und ihn zum Festhalten zu bewegen, folgt aus den Grundsätzen der Verkehrssicherungspflicht, wonach derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, alle zumutbaren Schutzmaßnahmen für Dritte zu treffen hat. Allerdings muss sich der Sozius ein Mitverschulden von 50 % anrechnen lassen, da er damit rechnen musste, dass der Beklagte, nachdem er im Schritttempo angefahren war, beschleunigen werde.
Hinweis
Der BGH hat dem Kl. in der Entscheidung vom 7.5.1996 (Az. VI ZR 255/95) die Prozesskostenhilfe verweigert und die Revision abgelehnt.
Rz. 1279
OLG Celle
Setzt ein heftiger Regenschauer ein, ist dies für einen Motorradfahrer dennoch kein zwingender Notfall, der ihm das Recht gibt, in Abweichung von § 18 Abs. 8 StVO auf der Standspur einer Autobahn anzuhalten. Das Verbot, dort anzuhalten, dient allerdings nicht dem Schutz von Verkehrsteilnehmern, die durch eigenes Verschulden ins Schleudern geraten und dabei von der Fahrbahn abkommen. Kommt es bei dieser Situation zu einem Unfall, haftet der Fahrer des schleudernden Fahrzeugs zu 100 %. Es spielt keine Rolle, dass der Motorradfahrer unter einer Brücke für andere Verkehrsteilnehmer schlechter als auf der freien Fahrstrecke zu erkennen gewesen wäre. Zum Unfall wäre es auch gekommen, wenn der Motorradfahrer berechtigterweise wegen einer Reifenpanne dort gestanden hätte. Hauptursache für den Unfall war die Tatsache, dass die Fahrerin des Pkw in Folge überhöhter Geschwindigkeit oder wegen eines Fahrfehlers ins Schleudern geraten war. Zum Unfall wäre es sogar dann gekommen, wenn der Motorradfahrer im Zeitpunkt des Unfalls nicht auf der Standspur gehalten hätte, sondern neben der Pkw-Fahrerin gewesen wäre.
Rz. 1280
OLG Hamm
Stürzt eine Motorradfahrschülerin bei Bremsübungen aus 50 km/h, kann der Fahrlehrer für den Schaden verantwortlich gemacht werden, wenn die Fahrschülerin nicht mit dem geeigneten Schulungsfahrzeug oder ausreichenden Bremsübungen an das Gefahrenrisiko herangeführt worden war. Die Fahrschülerin muss sich ein Mitverschulden (hier: 50 %) anspruchsmindernd entgegen halten lassen. Von ihr als erwachsener F...