Rz. 2586
Rz. 2587
KG
Fahrer (2) deutet Anhalten und mehrmalige Blinkzeichen mit den Scheinwerfern von Pkw (1) als Vorfahrtverzicht. Beide fahren gleichzeitig an und kollidieren. Fahrer (2) haftet wegen der Vorfahrtsverletzung zu ⅔, da er sich nur auf unmissverständliche Zeichen des Berechtigten verlassen darf. Die Mithaftung des Vorfahrtberechtigten (1) ergibt sich daraus, dass er durch sein Verhalten eine unklare Verkehrssituation geschaffen hatte.
Rz. 2588
KG
Von einem Vorfahrtsverzicht darf nur dann ausgegangen werden, wenn der Vorfahrtsberechtigte (1) sich nachweisbar gegenüber dem Wartepflichtigen (2) in der Weise verständlich gemacht hat – z.B. durch Betätigen der Lichthupe – dass er auf sein Vorfahrtsrecht verzichten werde. Bloßes Stehenbleiben des Vorfahrtsberechtigten kann nicht als solcher Verzicht gedeutet werden, sofern keine wahrnehmbare Verständigung stattgefunden hat. Kommt es zu einem Unfall, da der Wartepflichtige vor den anhaltenden Vorfahrtsberechtigten einfährt und ihn dieser nicht bemerkt hat, so liegt kein Mitverschulden des Vorfahrtsberechtigten vor, soweit der Wartepflichtige seine Absicht abzubiegen, in keiner Weise zuvor verständlich gemacht hat. An den Nachweis des Verzichts auf das Vorfahrtsrecht sind strenge Anforderungen zu stellen, die Beteiligten müssen sich nachweisbar verständigt haben.
Rz. 2589
OLG Dresden
Das Setzen des rechten Blinkers begründet allein noch kein Vertrauen darauf, dass der Blinkende auch tatsächlich abbiegt. Erforderlich ist darüber hinaus eine erkennbare, deutliche Geschwindigkeitsverringerung des Vorfahrtsberechtigten, eine sichtbare Orientierung des Blinkenden nach rechts oder sonstige Anzeichen für ein bevorstehendes Abbiegen des Vorfahrtsberechtigten. Regelmäßig überwiegt der Haftungsanteil des Wartepflichtigen, der allein auf das Blinken vertraut hat. Er haftet zu 70 %.
Rz. 2590
OLG Hamm
Der wartepflichtige Linksabbieger (2) darf aus einem Signal der Lichthupe bei Dunkelheit von Seiten eines im Geradeausverkehr entgegenkommenden Fahrzeugführers (1) nicht auf dessen Verzicht auf sein Vorfahrtrecht schließen, auch wenn der Bevorrechtigte zuvor seine Geschwindigkeit herabgesetzt hatte. Das Lichthupensignal ist kein Verständigungs-, sondern ein Warnzeichen. Der Bevorrechtigte schafft durch Verzögerung seines Fahrzeugs allein und die Abgabe eines Lichthupensignals für den entgegenkommenden Linksabbieger noch keine unklare Verkehrslage. Das Lichthupensignal soll eher einem Warnzeichen dienen. Derjenige, der sich auf der Vorfahrtstraße befindet, kann damit auch sein Vorfahrtrecht zum Ausdruck bringen. Gleiches gilt für eine Einmündung. Wenn aus dem Lichthupensignal Missverständnisse entstehen, so gehen diese zu Lasten desjenigen, der auf das Lichtzeichen vertraut. Einem Lichtzeichen fehlt die Eindeutigkeit, die ein Vertrauen begründen könnte.
Rz. 2591
OLG Koblenz
Nähert sich ein Fahrzeugführer auf der vorfahrtberechtigten Straße mit gesetztem rechten Blinker und geringer Geschwindigkeit (ca. 23 km/h an Stelle erlaubter 70 km/h) einer Kreuzung, weil er 40–50 Meter hinter der Kreuzung in ein Betriebsgelände einbiegen möchte, und kommt es im Kreuzungsbereich zur Kollision mit einem aus der untergeordneten Straße von rechts herausbiegenden Fahrzeug, dessen Fahrzeugführer angenommen hatte, dass sich auf der Vorfahrtstraße nähernde Fahrzeug wolle an der Kreuzung abbiegen, sind die Unfallverursachungsbeiträge beider Fahrzeugführer jeweils mit 50 % zu bemessen. (amtl. LS.)
Rz. 2592
OLG Koblenz
Lichtzeichen eines vorfahrtberechtigten Kfz dürfen ohne zusätzliche Umstände (eindeutiges Abbremsen, Winken des Fahrers) nicht als Verzicht auf die Vorfahrt verstanden werden. Geht der Wartepflichtige (2) davon aus, dass der Vorfahrtberechtigte (1) auf die Vorfahrt verzichtet, weil er Lichtzeichen gibt, so haftet er zu 100 %.
Rz. 2593
OLG Koblenz
Betätigt der Vorfahrtberechtigte (1) irrtümlich die Lichthupe und stößt er mit einem aus einer Ausfahrt kommenden Pkw (2) zusammen, so haftet (1) zu 20 % mit. Der Wartepflichtige (2) hatte angenommen, der Vorfahrtberechtigte werde auf seine Vorfahrt verzichten. Alleine das Blinken genügt nicht. Hinzukommen muss z.B. das Anhalten.
Rz. 2594
OLG Dresden
Der Wartepflichtige an einer Kreuzung, der in eine Vorfahrtstraße einbiegen will, darf nur dann darauf vertrauen, dass der Vorfahrtsberechtigte seinerseits abbiegen will, wenn dieser blinkt und zusätzlich die Annäherungsgeschwindigkeit deutlich und erkennbar herabsetzt oder zweifelsfrei bereits mit dem Abbiegen begonnen hat. Es genügt nicht, wenn der Vorfahrtberechtigte sich dem Kreuzungsbereich mit einer geringeren als der dort zugelassenen Höchstgeschwindigkeit nähert, ohne diese jedoch weiter herabzusetzen. Der Wartepflichtige haftet zu ⅓, wenn der Vorfahrtsberechtigte vor dem Zusammenstoß zwar geblinkt, sich darüber hinaus aber nicht tatsächlich wahrnehmbar auf das Abbiegen vorbereitet hat.
Rz. 2595
OLG München
Bei einer Kollision zwischen einem ...