Rz. 595

 

Rz. 596

OLG München[561]

Erfasst ein verbotswidrig den Standstreifen einer Autobahn mit ca. 50 km/h benutzender Pkw-Fahrer (2) den die Autobahn nach einem Auffahrunfall zur Notrufsäule überquerenden Fußgänger (1) auf der Standspur, so tritt ein mögliches Mitverschulden des Fußgängers (1) hinter dem groben Verkehrsverstoß des Pkw-Fahrers (2) zurück. Der Fahrer des Pkw (2) haftet zu 100 %.

 

Rz. 597

OLG Hamm[562]

Ein Autofahrer (1), der nach einem Unfall auf der linken der beiden Spuren der Autobahn zur Absicherung seines Wagens ein Warndreieck aufstellt, hat keinen Anspruch auf Schmerzensgeld, wenn dem ihn anfahrenden Fahrer (2) weder eine in der gegebenen Situation unangemessen hohe Geschwindigkeit noch eine vorwerfbare falsche Reaktion beweisbar ist. Kann nicht bewiesen werden, dass der Unfall für den Fahrer (2) ein unabwendbares Ereignis darstellte, haftet er dem Fußgänger (1) gem. §§ 7, 18 StVG, § 3 PflVG. Hatte der Fußgänger (1) sichtbar auf der linken Spur ein Warndreieck aufgestellt, so ist dem Fahrer (2) vorzuwerfen, dass er zu spät ein Bremsmanöver eingeleitet hatte. Zunächst ist das Gefahrenpotenzial des Fahrzeugs des Fahrers (1) zu berücksichtigen. Von einem Fußgänger wird im Übrigen wegen der großen Gefahr, die der Schnellverkehr auf der Autobahn mit sich bringt, höchste Vorsicht verlangt.

 

Rz. 598

OLG Dresden[563]

Schleudert ein Fahrzeug (2) bei Schneeglätte und gerät es auf den Randstreifen, so haftet dessen Fahrer zu 100 %, wenn er einen Fußgänger (1), der hinter einem defekten Fahrzeug außerhalb der Fahrbahn steht, bei dieser Aktion erfasst.

 

Rz. 599

OLG Hamm[564]

Ein Fahrzeugführer (2) muss nicht generell mit betrunkenen Fußgängern (1) auf der Fahrbahn rechnen, wenn er nachts auf dem Zubringer zu einer Autobahn unterwegs ist. Es besteht aber grundsätzlich die Verpflichtung, die sog. Sichtgeschwindigkeit einzuhalten. So soll dem Fahrer ermöglicht werden, auch vor einem unbeleuchteten Hindernis rechtzeitig anhalten zu können. Die Rechtsprechung hat stets betont, dass sich der Fahrer auf gegebene erschwerte Sichtbedingungen (Regen) einstellen muss, aber nur auf die unter den konkreten Umständen normale, durchschnittliche Erkennbarkeit größerer Hindernisse. Bei einem auf der Fahrbahn aufrecht mit erhobenen Händen gehenden bzw. stehenden Fußgänger kann von einer solchen schweren Erkennbarkeit nicht die Rede sein. Eine Haftungsverteilung von 70 % zu 30 % zu Lasten des Fußgängers (1) ist angemessen.

 

Rz. 600

OLG Hamm[565]

Für den Fahrer wie für den Halter eines Lkw (2) liegt ein unabwendbares Ereignis vor, wenn eine Person (1), die neben ihrem Pkw auf dem Standstreifen stand, sich plötzlich in Selbstmordabsicht auf die Straße wirft und von dem herannahenden Lkw (2), der nicht mehr rechtzeitig angehalten werden kann, überrollt und getötet wird.

 

Rz. 601

LG Berlin[566]

Kommt es zu einem Zusammenstoß zwischen einem rückwärts aus einer Einfahrt fahrenden Pkw und einem rückwärts auf einem Gehweg fahrenden Laubsammelfahrzeug, haftet der Fahrer des Pkw zu 67 % und der Fahrer des Reinigungsfahrzeuges zu 33 %. Auch der Kl. hat den Unfall verursacht, indem er entgegen seinen besonderen Sorgfaltspflichten gem. § 9 Abs. 5 StVO rückwärts gefahren ist. Es kann dahinstehen, ob das Klägerfahrzeug zum Unfallzeitpunkt gestanden hat. Jedenfalls hat es nicht so lange gestanden, dass der zeitliche Zusammenhang mit dem Rückwärtsfahren des Zeugen R. nicht mehr bestanden hat. Außerdem hat es sich bereits auf dem Gehweg und nicht allein auf Höhe des Grünstreifens befunden. Der Zeuge K. hat als Beifahrer sinngemäß ausgesagt, sie seien die Einfahrt hinaufgefahren und hätten das Laub an die Straßenkante geschoben.

 

Rz. 602

OLG Jena[567]

Erleidet der Fahrer eines Lkw (1) einen Unfall und wird er während der Reparatur auf dem Seitenstreifen angefahren, so trifft ihn kein Mitverschulden, wenn er zuvor ausreichende Sicherungsmaßnahmen zur Vermeidung getroffen hatte. Bei der Vornahme der Reparatur unterlag der Fahrer (1) nicht den Regeln für Fußgänger nach § 18 Abs. 11 StVO. Er durfte darauf vertrauen, dass wegen der Sicherungsmaßnahmen die von ihm zur Reparatur benutzte Standspur frei war. Für ihn stellte der Unfall ein unabwendbares Ereignis dar, so dass eine Betriebsgefahr seines Lkw den Schmerzensgeldanspruch nicht mindern kann. Der Fahrer des anderen Fahrzeugs (2) haftet zu 100 %.

 

Rz. 603

LG München I[568]

Ein Autofahrer (2) muss bei besonders starker Sichtbehinderung durch außergewöhnlich starken Nebel nicht mit einem Fußgänger (1) auf der Mitte der Autobahn rechnen. Gem. § 18 StVO dürfen Autobahnen nur von Kfz benutzt werden, deren Höchstgeschwindigkeit mehr als 60 km/h beträgt. Kommt es unter diesen Umständen zu einem Zusammenstoß zwischen dem verbotswidrig auf dem Mittelstreifen befindlichen Fußgänger (1) und dem Kfz, so tritt die Betriebsgefahr des Kfz insgesamt hinter dem groben Verschulden des Fußgängers (1) zurück. Den Fahrer und Halter des Pkw (2) trifft keine Haftung.

 

Rz. 604

AG Emmendingen[569]

Von einem Kraftfahrer kann nicht ver...

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