Rz. 2528
Rz. 2529
LG Hamburg
Stößt der abbiegende wartepflichtige Pkw (1) mit dem vorfahrtberechtigten und einen anderen Pkw (3) überholenden Pkw (2) in der Fahrbahnmitte beim Einbiegen zusammen, so haftet (1) zu 100 %. Der wartepflichtige Rechtseinbieger (1) darf nur dann in die Vorfahrtstraße einbiegen, wenn er sicher ist, dass kein vorfahrtberechtigtes Fahrzeug überholt.
Rz. 2530
BGH
Ein Wartepflichtiger (1), der nach rechts in eine Vorfahrtstraße einbiegen will, kann grundsätzlich davon ausgehen, er werde keinen Vorfahrtberechtigten an der Weiterfahrt behindern, wenn sich bei Beginn seines Einbiegens nicht nur von links keine Fahrzeuge nähern, sondern auf der Vorfahrtstraße auch die für ihn rechte Straßenseite frei ist. Insbesondere gilt dies, wenn keine Anzeichen dafür sprechen, dass eines der sich auf der bevorrechtigten Straße von rechts nähernden Fahrzeuge die Fahrbahnseite wechseln werde. In diesem Fall spricht auch nicht der erste Anschein für eine Vorfahrtsverletzung des Wartepflichtigen als Unfallursache.
Rz. 2531
BGH
Das Überholen ist unzulässig, wenn ein Verkehrsteilnehmer (2), dessen Sicht auf eine Straßenkreuzung durch ein vorausfahrendes Fahrzeug und wegen einer Straßenkrümmung verdeckt ist, den Verkehrsraum vor sich nicht voll übersehen kann. Er darf sich nicht darauf verlassen, dass wartepflichtige Verkehrsteilnehmer (1), die auf einer untergeordneten Straße herannahen, während des Überholvorgangs nicht in die bevorrechtigte Straße einbiegen. Ein Wartepflichtiger, der wegen der Straßenführung die auf der Vorfahrtstraße herannahenden, von einem vorausfahrenden Fahrzeug verdeckten Verkehrsteilnehmer nicht sehen kann, muss mit dem Einbiegen in die bevorrechtigte Straße nach rechts solange warten, bis er den Verkehrsraum dort ausreichend übersehen kann. Er kann sich nicht darauf verlassen, dass hinter einem die Sicht verdeckenden Fahrzeug keine Verkehrsteilnehmer zum Überholen ansetzen.
Rz. 2532
BGH
Der Schutz des Rechtsfahrgebotes hat nicht die Aufgabe, Personen zu sichern, die die Straße überqueren oder in sie einbiegen wollen, sondern diejenigen am Verkehr Teilnehmenden, die sich in Längsrichtung auf selbiger Straße fortbewegen. Überholt ein vorfahrtberechtigter Lenker (2) im Bereich einer Einmündung und benutzt dabei die linke Fahrbahn, so verliert er dadurch nicht den ihm gegenüber einem Wartepflichtigen zur Seite stehenden Vertrauensschutz.
Rz. 2533
OLG Oldenburg
Es liegt kein Anscheinsbeweis für eine Vorfahrtsverletzung bei Zusammenstößen auf Kreuzungen vor, wenn der Wartepflichtige (1) nach rechts in eine Vorfahrtstraße einbiegt und hierbei mit einem von rechts entgegenkommenden, auf dem rechten Fahrstreifen befindlichen Fahrzeugführer (2) kollidiert, der gerade im Begriff war, einen Überholvorgang einzuleiten. Wenn der Überholende mit seinem Vorgang noch nicht begonnen hat oder den Überholvorgang noch nicht angezeigt hat, kann der Wartepflichtige nach herrschender Rechtsprechung das Abbiegemanöver einleiten.
Rz. 2534
OLG Oldenburg
Ein Fahrzeugführer (1), der nach rechts in die vorfahrtberechtigte Straße einbiegen will, ist so lange wartepflichtig, bis er erkennen kann, dass das vorfahrtberechtigte Fahrzeug nicht zum Überholen eines vorausfahrenden Kfz die Fahrbahn wechselt. Kommt es zum Zusammenstoß mit dem Überholer (2), haftet der Führer des Pkw (1) zu 80 %.
Rz. 2535
OLG Hamm
Der Wartepflichtige (1), der nach rechts in eine Vorfahrtstraße einbiegt, muss auch nach dem Anfahrbeginn eine für ihn von rechts kommende Kolonne weiter darauf beobachten, ob eines der Fahrzeuge zum Überholen ausschert. Kommt es zu einer Kollision zwischen Wartepflichtigem (1) und Vorfahrt berechtigtem Überholer (2), haftet der Abbieger (1) mit 75 %. Der Abwägung der Verursachungsanteile gem. § 17 StVG liegt die Erwägung zugrunde, dass auf Seiten des Wartepflichtigen eine erhöhte Betriebsgefahr in die Waagschale fällt, wohingegen auf Seiten des Klägers nur ein relativ leichtes, gegenüber dem Gewicht sonstiger Vorfahrtsverletzungen reduziertes Verschulden feststellbar ist. Denn wer aus untergeordneter Straße kommend nach rechts in eine Vorfahrtstraße einbiegen will, darf damit grundsätzlich beginnen, wenn die von ihm angestrebte Fahrbahnhälfte frei ist. Erst wenn für ihn die Überholabsicht des Vorfahrtberechtigten erkennbar wird, muss er seine Absicht, einzubiegen, zurückstellen.
Rz. 2536
OLG Düsseldorf
Biegt ein wartepflichtiger Rechtsabbieger (1) in eine Vorfahrtstraße ein, muss er nicht damit rechnen, dass ein sich von rechts annäherndes Fahrzeug von einem nicht sichtbaren Nachfolgefahrzeug (2) überholt wird. Das Vorliegen eines Vorfahrtverstoßes durch den Wartepflichtigen hat der Vorfahrtberechtigte bzw. der Insasse des bevorrechtigten Fahrzeugs zu beweisen. Ihm obliegt der Nachweis, dass das bevorrechtigte Kfz für den Wartepflichtigen bei der Entschlussfassung zum Einbiegen, spätestens bei der Umsetzung des Entschlusses, bereits in Sichtweite war. Eine Änderung der Beweis...