Rz. 2564
Rz. 2565
OLG Karlsruhe
Kollidieren ein Rechtsabbieger (1), der einen weiten Bogen beschreibt und nicht auf den für ihn rechten Fahrstreifen nach der Kreuzung abbiegt, und ein entgegenkommender Linksabbieger (2) ca. 15 m außerhalb des "Einmündungsvierecks" der sich kreuzenden Straßen, so kommt dem Einmündungsviereck selbst Bedeutung nur bei Vorfahrtsfällen nach § 8 StVO zu, nicht jedoch bei Abbiegeunfällen nach § 9 Abs. 4 StVO. Beide Unfallbeteiligten tragen deshalb den Schaden zu 50 %.
Rz. 2566
KG
Das Vorfahrtsrecht erstreckt sich auf die gesamte Breite der Vorfahrtsstraße. Bei einer Kollision auf einer Kreuzung zwischen zwei Pkw, von denen der Wartepflichtige die Vorfahrt des anderen durch zu weites Vorrücken verletzt, der Vorfahrtberechtigte jedoch beim Abbiegen in die untergeordnete Straße gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen und die Kurve geschnitten hat, kommt eine Schadensteilung je zur Hälfte in Betracht. Bei der Kollision im Bereich einer vorfahrtgeregelten Kreuzung oder Einmündung spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine schuldhafte Sorgfaltspflichtverletzung des Wartepflichtigen.
Rz. 2567
OLG Celle
Bei einem Unfall, der sich dadurch ereignet, dass ein Fahrer in der Absicht, nach links abzubiegen, zu weit in eine Kreuzung einfährt und dabei mit einem vorfahrtsberechtigten, die Kurve zu eng befahrenden Fahrzeug zusammenstößt, haben beide Unfallteilnehmer den Schaden jeweils zu 50 % zu tragen. Zwar hat die Vorfahrtsberechtigte den von ihr im Zuge eines Abbiegemanövers nach links befahrenen Kreuzungsbereich geschnitten. Dies geschah allerdings nicht in grob fahrlässiger, scharfer Form mit überhöhter Geschwindigkeit, sondern "unter leichtem Schneiden des Abbiegebogens" mit einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/h. Der Wartepflichtige hat demgegenüber seiner Wartepflicht nicht genügt, sondern trotz Herannahens der Vorfahrtsberechtigten nur wenige Zentimeter vor der Begrenzungslinie der von dieser befahrenen, bevorrechtigten Straße ausweislich des Sachverständigengutachtens noch eine Fahrtgeschwindigkeit von immerhin 5 km/h aufgewiesen.
Rz. 2568
OLG Köln
Die Vorfahrtsregeln gelten an Kreuzungen und Einmündungen, wenn sich die Fahrwege der auf verschiedenen Straßen befindlichen Fahrzeuge kreuzen oder zumindest berühren. Das Vorfahrtrecht erstreckt sich grundsätzlich auf die volle Breite der bevorrechtigten Straße, dagegen nicht über die linke Fluchtlinie hinaus bis in die Querstraße hinein. Biegt ein von rechts kommendes Fahrzeug (2) aus der Vorfahrtstraße in die Nebenstraße ein und kommt es dort zur Kollision mit einem Fahrzeug (1), das an einem parkenden Wagen vorbeifährt, wobei dessen Fahrer die Gegenfahrbahn mitbenutzt, so haften beide Unfallbeteiligten zu 50 %.
Rz. 2569
OLG Karlsruhe
Die aus §§ 11 Abs. 1, 3 StVO abzuleitenden besonderen Sorgfaltsanforderungen bei Stauungen im Kreuzungsbereich können zu einer deutlich überwiegenden Haftung eines Pkw-Halters und -Fahrers führen, der in eine staubedingt blockierte, ampelgeregelte Kreuzung bei eigenem Grünlicht einfährt, sich vor ein hängengebliebenes Fahrzeug hineindrückt und von dessen Fahrer beim Anfahren übersehen wird. Er haftet zu ⅔.
Rz. 2570
AG Hamburg
Kollidiert ein wartepflichtiger Fahrzeugführer beim Einfahren in die Vorfahrtsstraße mit dem Vorfahrtsberechtigten, spricht der Anscheinsbeweis für das schuldhafte Verursachen durch den Wartepflichtigen. Dieser haftet zu 100 %. Das Vorfahrtsrecht erstreckt sich nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung auf die Fahrbahn in ihrer gesamten Breite.