Rz. 2571

 

Rz. 2572

KG[2414]

Gegenüber dem wartepflichtigen Querverkehr (1) erstreckt sich das Vorfahrtsrecht des nach links abbiegenden Kraftfahrers (2) außerhalb des engeren Kreuzungsbereichs nur auf die für ihn rechte Fahrbahnseite der Straße, in die er abbiegen will, nicht auch auf deren linke Seite. Kommt es auf dieser linken Seite zu einem Verkehrsunfall, hat er in der Regel den gesamten Schaden zu tragen (hier: Quote ¾).

 

Rz. 2573

KG[2415]

Das Vorfahrtsrecht erstreckt sich auf die gesamte Breite der Vorfahrtsstraße. Bei der Kollision im Bereich einer vorfahrtgeregelten Kreuzung oder Einmündung spricht zwar grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins für eine schuldhafte Sorgfaltspflichtverletzung des Wartepflichtigen, der die Vorfahrt des anderen durch zu weites Vorrücken verletzt. Verstößt der Vorfahrtberechtigte jedoch beim Abbiegen in die untergeordnete Straße gegen das Rechtsfahrgebot und schneidet er die Kurve, haftet jeder Unfallbeteiligte zu 50 %.

 

Rz. 2574

OLG Celle[2416]

Bei einem Unfall, der sich dadurch ereignet, dass ein Fahrer in der Absicht, nach links abzubiegen, zu weit in eine Kreuzung einfährt und dabei mit einem vorfahrtsberechtigten, die Kurve zu eng befahrenden Fahrzeug zusammenstößt, haften beide Unfallbeteiligten zu 50 %. Die Vorfahrtsberechtigte hat zwar den von ihr im Zuge eines Abbiegemanövers nach links befahrenen Kreuzungsbereich geschnitten. Dies geschah allerdings nicht in grob fahrlässiger, scharfer Form mit überhöhter Geschwindigkeit, sondern "unter leichtem Schneiden des Abbiegebogens" mit einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/h. Der Wartepflichtige hat demgegenüber seiner Wartepflicht nicht genügt, sondern trotz Herannahens der Vorfahrtsberechtigten nur wenige Zentimeter vor der Begrenzungslinie der von dieser befahrenen, bevorrechtigten Straße ausweislich des Sachverständigengutachtens noch eine Fahrtgeschwindigkeit von immerhin 5 km/h aufgewiesen.

 

Rz. 2575

OLG Köln[2417]

Die Vorfahrtsregeln gelten an Kreuzungen und Einmündungen, wenn sich die Fahrwege der auf verschiedenen Straßen befindlichen Fahrzeuge kreuzen oder zumindest berühren. Das Vorfahrtrecht erstreckt sich grundsätzlich auf die volle Breite der bevorrechtigten Straße, dagegen nicht über die linke Fluchtlinie hinaus bis in die Querstraße hinein. Kommt es zu einem Unfall zwischen dem abbiegenden Fahrzeug (2) und einem an einem parkenden Pkw vorbeifahrenden Fahrzeug (1), haften beide Parteien zu 50 %.

 

Rz. 2576

OLG Naumburg[2418]

Bei einem Verkehrsunfall unter Beteiligung von Fahrzeugen mit eingebautem Antiblockiersystem (ABS) bzw. "Automatischem Blockierverhinderer" (ABV) in der Wortwahl des § 41b StVZO sprechen fehlende Bremsspuren weder für eine maßvolle Geschwindigkeit noch gegen eine Vollbremsung. Maßgeblich ist in einem solchen Fall die sogenannte Scherbenlage. Sie dient als Beweis dafür, wo sich der Unfall ereignet hat.

 

Rz. 2577

LG Aurich[2419]

Beim Abbiegevorgang darf ein Linksabbieger (2) die gerade Linie nicht überfahren, die die Mitte der verlassenen Straße mit der Mitte der Straße, in welche abgebogen werden soll, nach dem Kreuzungsbereich verbindet. Der Wartepflichtige (1) kann nur weiterfahren, wenn er überblicken kann, dass er einen Vorfahrtberechtigten weder gefährdet noch wesentlich behindert. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn der Vorfahrtberechtigte sich verkehrswidrig verhält. Berücksichtigt der Wartepflichtige (1) diesen Grundsatz bei seinem Fahrmanöver nicht hinreichend, ist dieses Fehlverhalten schwerwiegender als das Schneiden der Kurve. Der Wartepflichtige (1) haftet deshalb zu ⅔.

 

Rz. 2578

LG Saarbrücken[2420]

Schneidet ein vorfahrtsberechtigter Linksabbieger die Kurve und kommt es im Kreuzungs- bzw. Einmündungsbereich zu einem Zusammenstoß mit einem nach rechts abbiegenden Wartepflichtigen, haftet der Linksabbieger zu ⅓. Zwar spricht grundsätzlich ein Anscheinsbeweis gegen den Wartepflichtigen. Das Vorfahrtsrecht geht anerkannterweise auch beim Kurvenschneiden im Einmündungs-Kreuzungsbereich nicht verloren. Der Vorfahrtsberechtigte muss aber beim Abbiegen den Bogen so weit nehmen, dass er die linke Fahrbahn des Querverkehrs nicht berührt. Er muss den Mittelpunkt der Trichterbreite rechts umfahren.

 

Rz. 2579

LG Saarbrücken[2421]

Eine Vorfahrtsverletzung liegt auch dann vor, wenn ein Wartepflichtiger, der nach rechts einbiegen will, bei freier Sicht die Fahrbahn für einen vorfahrtsberechtigten Linienbus, der nach links abbiegen will, verengt und es infolgedessen nur wenige Meter vom Einmündungsbereich zu einem Zusammenstoß der Fahrzeuge kommt. Die Haftungsabwägung nach § 17 Abs. 1, 2 StVG führt im Streitfall zu einer Haftungsverteilung von ¾ zu ¼ zulasten der Wartepflichtigen.

 

Rz. 2580

LG Mannheim[2422]

Schneidet ein vorfahrtsberechtigter Linksabbieger die Kurve, hängt die Haftungsquote davon ab, in welchem Umfang sich die jeweiligen Verstöße auf die konkrete Entstehung des Unfalls ausgewirkt haben. Hatte sich der Wartepflichtige nicht an die Kreuzung herangetastet, haften beide Fahrzeugführer jeweils ...

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