1. Ausschlagung
Rz. 54
Die Ausschlagung der Erbschaft ist nur bis zum Ablauf der Ausschlagungsfrist des § 1944 Abs. 1 BGB möglich. Gemäß der genannten Vorschrift beträgt die Frist grundsätzlich sechs Wochen. Wie sich aus § 1946 BGB ergibt, beginnt der Lauf der Ausschlagungsfrist nicht vor dem Erbfall. Hatte der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland oder hielt sich der Erbe bei Beginn der Frist im Ausland auf, beträgt die Frist sechs Monate (§ 1944 Abs. 3 BGB). Hinsichtlich des Erblassers stellt das Gesetz also auf dessen Wohnsitz ab, hinsichtlich des Erben genügt dessen tatsächlicher Aufenthaltsort bei Fristbeginn.
Rz. 55
Die Kenntnis von Anfall und Berufungsgrund setzt gemäß § 1944 Abs. 2 S. 1 BGB voraus, dass der Erbe zuverlässig vom Tod des Erblassers und seiner eigenen Eigenschaft als Erbe weiß; darüber hinaus muss er auch darüber Kenntnis haben, auf welcher erbrechtlichen Grundlage (Verfügung von Todes wegen oder gesetzliche Erbfolge) er zum Erben berufen ist. Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen berufen, beginnt die Ausschlagungsfrist nicht vor Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht, § 1944 Abs. 2 S. 2 BGB. Sowohl ein Irrtum im tatsächlichen Bereich als auch ein Rechtsirrtum schließen insoweit regelmäßig das Vorliegen der erforderlichen Kenntnis aus.
2. Anfechtung der Annahme
Rz. 56
Die Anfechtung der Annahme bzw. der Ausschlagung der Erbschaft richtet sich nach § 1954 BGB. Die Anfechtungsfrist beträgt gemäß § 1954 Abs. 1 BGB grundsätzlich sechs Wochen. Sie verlängert sich auf sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland gehabt hat oder der Erbe sich bei Fristbeginn im Ausland aufhielt, § 1954 Abs. 3 BGB. Wie bei §§ 121, 124 Abs. 2 BGB beginnt die Anfechtungsfrist in den Fällen der arglistigen Täuschung oder des Irrtums mit der Erlangung der Kenntnis vom Anfechtungsgrund, in den Fällen der Drohung mit dem Ende der Zwangslage, § 1954 Abs. 2 BGB. Nach Ablauf von 30 Jahren seit der Annahme bzw. der Ausschlagung der Erbschaft ist aber gemäß § 1954 Abs. 4 BGB eine Anfechtung endgültig ausgeschlossen.
Rz. 57
Gemäß § 1956 BGB kann die Versäumung der Ausschlagungsfrist, mit der die Erbschaft gemäß § 1943 BGB als angenommen gilt, in gleicher Weise angefochten werden wie die Annahme der Erbschaft. Die erforderliche Kausalität des Irrtums über die Ausschlagungsfrist liegt vor, wenn der Irrende bei Kenntnis der Sachlage und verständiger Würdigung des Falles die Erbschaft ausgeschlagen hätte, wären ihm die Konsequenzen des Fristablaufs bekannt gewesen.
Dagegen bestimmt sich die Frist für die Anfechtung der Anfechtungserklärung bei der Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft sowie bei der Versäumung der Ausschlagungsfrist nach § 121 BGB und nicht nach § 1954 BGB.
3. Anfechtung einer Verfügung von Todes wegen
Rz. 58
Die Anfechtung einer Verfügung von Todes wegen kann bei Irrtum oder Drohung nur binnen eines Jahres seit Kenntnis vom Anfechtungsgrund erfolgen; bei der Jahresfrist handelt es sich gemäß § 2082 Abs. 1, 2 S. 1 BGB um eine Ausschlussfrist. Die Frist beginnt erst, wenn der Anfechtungsberechtigte alle das Anfechtungsrecht begründenden Tatsachen kennt, die bloße Kenntnis vom Irrtum bzw. die Beendigung der Zwangslage genügt insoweit nicht.
Rz. 59
Die Frist beginnt frühestens mit dem Eintritt des Erbfalls. Voraussetzung für den Fristbeginn ist, dass der Erbe sowohl vom Erbfall als auch vom Berufungsgrund Kenntnis hat. Auf die Eröffnung der Verfügung von Todes wegen kommt es dagegen nicht an.
Rz. 60
Unter den in §§ 206, 210, 211 BGB genannten Voraussetzungen ist der Lauf der Anfechtungsfrist gemäß § 2082 Abs. 2 S. 2 BGB gehemmt. Gemäß § 2082 Abs. 3 BGB ist auch die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung ausgeschlossen, wenn seit dem Erbfall wenigstens 30 Jahre verstrichen sind. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang aber, dass gemäß § 2285 BGB das Anfechtungsrecht Dritter von dem des Erblassers abhängig ist. Hatte sich also der Erblasser durch Bestätigung (§ 2284 BGB) oder Verstreichenlassen der Anfechtungsfrist (§ 2283 BGB) dafür entschieden, die anfechtbare Verfügung von Todes wegen trotz des Anfechtungsgrundes gelten zu lassen, dann sind die Erben an diese Entscheidung gebunden.
4. Erbunwürdigkeit (Anfechtungsklage)
Rz. 61
Die Erhebung der Anfechtungsklage im Rahmen der Erbunwürdigkeit ist gemäß § 2340 Abs. 3 BGB an die Jahresfrist des § 2082 BGB geknüpft. Die Frist beginnt mit der zuverlässigen Kenntnis vom Anfechtungsgrund sowie seiner Beweisbarkeit. Bei Testamentsfälschungen kommt es auf die Kenntnis des Anfechtungsberechtigten von der Fälschung sowie der Person des Fälschers an. Mit der Rechtsprechung des BGH ist davon auszugehen, dass hinreichende Kenntnis dann vorliegt, wenn dem Anfechtenden eine Klageerhebung zugemutet werden kann.
Rz. 62
Die Geltendmachung ist auch in diesem Fall nach...