Rz. 136
Nicht nur im BGB, sondern auch in anderen Teilbereichen des Rechts, kann es von Bedeutung sein, ob ein Kind vorhanden ist und wie dieses rechtlich eingeordnet wird. Beispielhaft sei der Anspruch auf Wohngeld erwähnt.
I. Sozialrecht
Rz. 137
Vorweggestellt sei, dass Kinder, die außerhalb einer Ehe geboren sind, in der Regel mit den ehelichen Kindern gleichbehandelt werden. Eine Differenzierung erfolgt nur ausnahmsweise. Das Sozialrecht hat zahlreiche Einzelbereiche. An dieser Stelle sollen nur beispielhaft einige relevante Fragen behandelt werden. Die jeweiligen Vorschriften sind einander angepasst.
1. Familienversicherung/Krankenversicherung
Rz. 138
Praktisch relevant ist die Frage, ob bzw. wie die Kinder krankenversichert sind. Sofern Kinder nicht privat über einen Elternteil mitversichert sind, greift die gesetzliche Familienversicherung. Die einschlägigen Regelungen hierzu finden sich in § 10 Abs. 1 SGB V. Danach sind in der gesetzlichen Krankenversicherung über den Versicherungsnehmer mitversichert:
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der Ehegatte, |
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der Lebenspartner |
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und die Kinder von Mitgliedern. |
Rz. 139
Wer Kind ist, ist in § 10 Abs. 4 SGB V definiert:
Zitat
"Als Kinder gelten auch Stiefkinder und Enkel, die das Mitglied überwiegend unterhält, sowie Pflegekinder."
…
Stiefkinder im Sinne des Satzes 1 sind auch die Kinder des Lebenspartners eines Mitglieds.“
Rz. 140
Allerdings erfolgt eine Einschränkung in § 10 Abs. 3 SGB V:
Zitat
"Kinder sind nicht versichert, wenn der mit den Kindern verwandte … Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist."
Rz. 141
Was also heißt das?
Arbeitet der Vater, ist das außerhalb einer Ehe geborene Kind über dessen gesetzliche Krankenversicherung mitversichert, wenn der Vater die Vaterschaft anerkannt hat. Meines Erachtens unerheblich ist, ob der Vater auch Inhaber der elterlichen Sorge ist. Weitere Voraussetzung ist aber, dass die Mutter des Kindes ein niedrigeres Gesamteinkommen hat als der Vater und ebenfalls Mitglied einer Krankenkasse ist. Ist sie zwar nicht Mitglied einer Krankenkasse, hat aber ein niedrigeres Gesamteinkommen als der Vater, ist das Kind weiterhin über den Vater familienversichert.
Rz. 142
Hinweis
Soweit eine rechtliche Elternschaft vorliegt, ist das außerhalb einer Ehe geborene Kind ebenso über die Familienversicherung eines Elternteils mitversichert, wie das in einer Ehe geborene Kind.
2. Unterhaltsvorschuss
Rz. 143
Die Frage der Berechtigung auf Zahlung von Unterhaltsvorschuss ist oft praxisrelevant, da der tägliche Bedarf des Kindes gesichert werden muss, auch wenn der Vater keinen Unterhalt zahlt. Es tritt dann der Staat dabei nicht nur in Vorleistung, sondern übernimmt diese Leistung für den Fall, dass eine Rückforderung nicht möglich ist, komplett (Unterhaltsausfallleistung). Ein entsprechender Antrag ist beim Jugendamt zu stellen. Derzeit stehen Änderungen, insbesondere was die Höhe des Alters der Bezugsberechtigung angeht, zu Debatte.
Rz. 144
Gemäß § 1 Abs. 1 Unterhaltsvorschussgesetz hat Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, wer
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das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, |
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im Geltungsbereich des Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig, verwitwet oder geschieden ist oder von seinem Ehegatten oder Lebenspartner dauernd getrennt lebt, und |
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nicht oder nicht regelmäßig von dem anderen Elternteil Unterhalt erhält. |
Rz. 145
Gemäß § 1 Abs. 3 Unterhaltsvorschussgesetz besteht ein Anspruch dann nicht, wenn die Eltern zusammenleben, sich der Vater weigert, Auskunft zu erteilen oder bei der Feststellung der Vaterschaft mitzuwirken. Ein Anspruch besteht auch nicht, wenn die Mutter nicht mitwirkt, den Aufenthalt des Vaters festzustellen.
Rz. 146
Bezugsberechtigt ist also nur ein minderjähriges Kind. Die Bezugsberechtigung des Kindes erlischt nach Vollendung des zwölften Lebensjahres. Leben nicht miteinander verheiratete Eltern eines Kindes voneinander getrennt, liegen die Voraussetzungen für den Bezug dann in der Regel vor. Anders ist dies, wenn die Eltern in Form einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammenleben. Fraglich ist dann aber, ob es auf das Zusammenwohnen der Eltern ankommt, oder auf das bloße Bestehen der Lebensgemeinschaft. Denn wie sich die Gemeinschaft gestaltet, ist nicht vorgegeben und liegt im Ermessen der Paare. Deshalb wird es wohl darauf ankommen, ob der Kontakt zwischen den Elternteilen so eingeschränkt ist, dass die Lebenssituation beider Elternteile jeweils derjenigen von alleinstehenden Elternteilen entspricht.
Rz. 147
Die Bezugsberechtigung erlischt nicht dadurch, dass das Kind gemeinsam mit einem Elternteil und dessen neuem Lebenspartner zusammen wohnt. Sie erlischt jedoch, wenn der Elternteil den neuen Lebenspartner heiratet. Deswegen sollte ein Elternteil, dessen Kind Unterhaltsvorschuss bezieht, eine Eheschließung unverzüglich anzuzeigen. Bei Unterlassen kann Rückzahlung der zu Unrecht bezogenen Leistungen drohen.
Rz. 148
Der...