Rz. 12
Es ist allgemein bekannt, dass Tabellen, die auf statistischer Erhebung von Zeitverwendung im Haushalt beruhen, keine Anspruchsgrundlage im Rechtssinne darstellen. Derartige Tabellen können dem Tatrichter jedoch in Ermangelung abweichender konkreter Gesichtspunkte im zu beurteilenden Sachverhalt bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO eine Orientierung sein.
Konkret hat der BGH im Jahr 2009 dies für einen Sachverhalt entschieden, in dem eine verletzte Motorradfahrerin einen Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens während der Zeiten geltend gemacht hat, in denen sie in ihrem 1-Personenhaushalt nicht zugegen war, weil sie in stationärer Behandlung in Klinik und Rehaeinrichtung war. Konkrete Gesichtspunkte zum bei vollständiger Abwesenheit im Haushalt gleichwohl entstehenden Zeitaufwand, konnte sie naturgemäß nicht vortragen. In dieser Konstellation hat der BGH auf statistische Durchschnittswerte (Tabelle) zurückgegriffen, weil in Ermangelung der Möglichkeit des Vortrags der Klägerin eine Schadensschätzung anders nicht möglich war. Wie hätte die Klägerin auch konkret vortragen können, wieviel Hausarbeit noch anfällt, die sie nicht leisten kann, weil sie sich unfallbedingt nicht im Haushalt aufhalten konnte?
Tatsächlich sind Tabellen auch neben der konkreten Zeiterfassung des Geschädigten hilfreich. Sie können dazu dienen, die zeitlichen Angaben des Geschädigten zu seinen Einschränkungen in der Haushaltsführung zu verifizieren. Ergibt sich nach der Auswertung des Fragebogens ein vom Durchschnitt deutlich nach oben abweichender Zeitaufwand in der Haushaltsführung, sollte das Anlass genug sein, um nachzufragen, wo die individuellen Besonderheiten liegen, die einen höheren Zeitaufwand erforderlich machen, als man gemeinhin nach Tabelle 1 und 4 annehmen würde. Diese Besonderheiten müssen in jedem Fall substantiiert vorgetragen werden, um den oberhalb des durchschnittlichen Zeitaufwandes individuellen vereitelten Aufwand darlegen zu können.
Im umgekehrten Fall gilt es mit dem Geschädigten abzuklären, wo die Besonderheiten seines Haushalts liegen, die ihn zum "unterdurchschnittlichen" Haushalt machen, um so ggf. eine fehlerhafte Sachverhaltserfassung im Fragebogen aufzuklären.
Rz. 13
In der außergerichtlichen Regulierungspraxis lässt sich immer wieder feststellen, dass sich die Parteien auf die Anwendung von Tabellen verständigen. Dieses dient der rationellen und vereinfachten Regulierung des Haushaltsführungsschadens. Damit erspart man sich die dezidierte Aufnahme der Haushaltsparameter, ihre Darstellung im Text und ihre anschließende Diskussion in den außergerichtlichen Regulierungsverhandlungen. Diese Vorgehensweise ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, denn es obliegt den Parteien, die Form der Regulierung zu wählen. Es liegt auf der Hand, dass gerade in zeitlich limitierten Verletzungssachverhalten so vorgegangen werden kann, um eine pragmatische Lösung zu entwickeln. In dem Fall genügt es meistens, einige Ausführungen zum Haushalt und einige Angaben zu den Einschränkungen nach dem Unfallereignis zu machen. Auf der Basis dieser Informationen ist es oft im Rahmen der außergerichtlichen Regulierung möglich, unter Anwendung von Durchschnittswerten aus den Tabellen zu einer sachgerechten außergerichtlichen Lösung zu kommen, die beide Seiten als Vergleich akzeptieren können.
Rz. 14
Im Tötungsfall findet die Tabelle 2 uneingeschränkte Anwendung, weil es um den Arbeitszeitbedarf geht, der gerade um individuelle Besonderheiten in der Haushaltsführung bereinigt sein muss. Hier ist kein Raum für eine individuelle Zeitaufschreibung, weil der Anteil entschädigt werden soll, der vom Getöteten nicht mehr für die Familie geleistet wird, "bereinigt" um den Eigenanteil. Dazu lässt sich nur auf Statistiken zurückgreifen.