I. Der Anspruch des verletzten minderjährigen Kindes auf Ersatz seines Haushaltsführungsschadens
Rz. 35
Auch das verletzte minderjährige Kind kann einen Anspruch aus § 843 Abs. 1 BGB auf Ersatz seines Haushaltsführungsschadens innerhalb der familiären Gemeinschaft haben. Die Höhe des Anspruchs richtet sich danach, in welchem Umfang die kindliche Mithilfe verletzungsbedingt vereitelt worden ist. Die familienrechtlich geschuldete Pflicht zur Mithilfe sieht der BGH mit Beginn des 14. Lebensjahres. Diese Mithilfepflicht beträgt etwa 1–2 Stunden pro Tag mit steigendem Alter. Ist das Kind verletzungsbedingt daran gehindert, dieser Mithilfepflicht nachzukommen, entsteht ein eigener Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens. Er berechnet sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Wenn allerdings innerfamiliär vor dem Schadensereignis keine Hausarbeit vom Kind geleistet wurde, besteht auch kein Schadensersatzanspruch.
Unter den besonderen Bedingungen der §§ 845, 1619 BGB sind die Eltern eines verletzten Kindes aktiv legitimiert für die Regulierung des Haushaltsführungsschadens. Allerdings ist dieser Anspruch subsidiär gegenüber dem eigenen Anspruch des Kindes. Der elterliche Anspruch betrifft die Konstellation, in der das Kind im elterlichen Betrieb unentgeltlich mithilft. Es handelt sich dabei zumeist um die Fälle, in denen Kinder ihren Eltern, die einen landwirtschaftlichen Betrieb führen, mithelfen. Durch die Verletzung des Kindes ist diese Mithilfeverpflichtung unter Umständen vereitelt oder beeinträchtigt, weshalb der Anspruch nach §§ 845, 1619 BGB den Eltern zusteht. Für die Schlüssigkeit dieses Anspruches bedarf es der Begründung, warum der Anspruch nicht unmittelbar beim Kind selbst entstanden ist. Der eigene Anspruch des Kindes geht vor.
II. Erwachsene Kinder im Haushalt der Eltern
Rz. 36
Nicht selten leben Kinder trotz ihrer Volljährigkeit noch im Haushalt der Eltern. Dieses Phänomen kann auf die "Generation Praktikum" zurückgeführt werden. Unentgeltliche Firmenpraktika lassen es zumeist nicht zu, dass volljährige Kinder einen eigenen Hausstand begründen. Auch wird während der Ausbildung oftmals auf das elterliche Wohnumfeld zurückgegriffen, in dem Kost und Logis kostenfrei gewährt werden. Im Gegenzug erbringt das volljährige Kind im Rahmen dieser Familienkonstellation vollwertige Beiträge im Rahmen der gemeinsamen Haushaltsführung. Im Grunde teilt sich der Haushalt die anfallende Arbeit innerhalb einer 3- oder mehrköpfigen Familie, bestehend aus erwachsenen Familienmitgliedern. Wird ein erwachsenes Kind im Rahmen einer solchen familiären Konstellation verletzt, so besteht selbstverständlich ein Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens. Die gegenteilige Auffassung verkennt, dass auch volljährige Geschädigte im elterlichen Haushalt faktisch Hausarbeit verrichten, wozu sie nach § 1619 BGB auch verpflichtet sind. Dafür haben sie einen Schadensersatzanspruch im Verletzungsfall, wenn es zu Einschränkungen kommt. Im Verletzungsfall geht es – im Unterschied zum Tötungsfall – gerade nicht um die vereitelte gesetzliche Unterhaltspflicht. Der Umfang der Ersatzpflicht bei Verletzung einer Person knüpft an den Mangel der vollen Einsatzfähigkeit an, ohne dass es auf eine Gegenleistung ankommt.
III. Kind im alleinerziehenden Haushalt
Rz. 37
Durch den Tod eines Elternteils oder durch Trennung der Eltern entsteht die Konstellation, dass ein heranwachsendes bzw. volljähriges Kind im Haushalt des verbliebenen Elternteils in der Haushaltsführung quasi die Rolle des in Wegfall geratenen Elternteils übernimmt. Je älter das Kind ist, desto umfangreicher sind in der Regel die von diesem zu übernehmenden Aufgaben im Rahmen der gemeinsamen Haushaltsführung mit dem ihm verbliebenen Elternteil.
Man muss nun unterscheiden, ob der verbliebene Elternteil oder das Kind in Folge einer Verletzung in einer derartigen Lebenskonstellation Ansprüche auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens geltend macht.
In der ersten Konstellation besteht kein Zweifel daran, dass es sich nicht nur um einen 1-Personenhaushalt handelt. In der Regel wird hier ein 2-Personenhaushalt zugrunde gelegt und der auf den verletzten Elternteil entfallende Anteil an der Haushaltsführung wird hinsichtlich der eingeschränkten Haushaltsführungstätigkeit reguliert. Diese Konstellation findet sich in Tabelle 1 in der Spalte des 2-Personenhaushaltes "Alleinerziehend + 1 Kind < 18 Jahre" (§ 4 Rdn 2, 3, 4).
Vermeintlich problematischer ist demgegenüber die andere Konstellation, in der das im Haushalt lebende heranwachsende oder erwachsene Kind die Aufgaben des weggefallenen Partners übernimmt. Wird dieser heranwachsende junge Erwachsene so nachhaltig verletzt, dass er die in dieser Zweierkonstellation erbrachten Beiträge in der Haushaltsführung nicht mehr erbringen kann, entsteht bei diesem selbstverständlich ein Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens. So hat der BGH bereits bei einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft eines Volljährigen mit seiner Mutter ebenfalls auf den vollwerti...