Rz. 206

Bei der Verweisung aufgrund der objektiven Anknüpfung in Art. 15 Abs. 1 EGBGB a.F. ist – anders als nach der Güterrechtsverordnung die das ausländische IPR gem. Art. 32 EuGüVO ignoriert – eine Rück- oder Weiterverweisung durch das IPR der ausländischen Rechtsordnung zu beachten, Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB.[272] Maßgeblich für die Rückverweisung ist dabei ausschließlich die für das Güterrecht maßgebliche ausländische Kollisionsnorm; eine Rückverweisung durch die für die allgemeinen Ehewirkungen maßgebliche Kollisionsnorm bleibt unbeachtlich.[273]

 

Rz. 207

Rück- und Weiterverweisungen spielen im internationalen Güterrecht eine große Rolle. Grund dafür ist die durch die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit bedingte häufige Verweisung auf ausländisches Recht und die besondere Vielfalt bei der Anknüpfung im Ausland:

So wird in vielen Ländern (Belgien, Frankreich, Dänemark) auch bei gleicher Staatsangehörigkeit der Eheleute vorrangig an den gemeinsamen Wohnsitz bzw. gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute angeknüpft.
Trotz vorrangiger Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit wird auf die jeweils aktuellen Verhältnisse abgestellt (Wandelbarkeit), so dass ein Wechsel der Staatsangehörigkeit der Ehegatten nach der Eheschließung, u.U. auch schon auf Seiten eines von ihnen, einen Statutenwechsel bewirken kann (z.B. in Italien, Polen, Ungarn).
Für die güterrechtlichen Verhältnisse wird in Bezug auf Immobilien auf das jeweilige Belegenheitsrecht verwiesen (USA, wohl auch England), so dass für in Deutschland belegene Grundstücke unabhängig von Staatsangehörigkeit und Wohnsitz der Eheleute stets deutsches Güterrecht gilt (Spaltung des Güterstatuts).
Schließlich kann eine Rückverweisung auch dadurch erfolgen, dass das ausländische Recht bei Eheleuten ohne gemeinsame Staatsangehörigkeit (immer noch) die Staatsangehörigkeit des Ehemannes entscheiden lässt (Thailand, arabische Länder). Auch dies ist aus deutscher Sicht zu beachten (vgl. Rdn 98).[274]
 

Rz. 208

In manchen Rechtsordnungen hat der Wechsel des Anknüpfungspunktes einen rückwirkenden Statutenwechsel (auf den Zeitpunkt der Eheschließung) zur Folge.[275] Auch diesen vollziehen wir über den Renvoi nach. Allein dann, wenn die Verweisung des deutschen Rechts auf einer nach deutschem Recht beachtlichen Rechtswahl zugunsten ausländischen Rechts beruht, bleibt das ausländische Kollisionsrecht unbeachtet.[276]

[272] Bestritten wird hier allein die Beachtlichkeit eines Renvoi im Fall der Anknüpfung an die "sonstige engste Verbindung" auf der 3. Stufe; siehe dazu Rdn 98, 162 sowie NK-BGB/Sieghörtner, 3. Aufl. 2016, Art. 15 EGBGB Rn 29; v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, 9. Aufl. 2007, § 8 Rn 25.
[273] OLG Hamm FamRZ 1992, 963; Erman/Hohloch, 15. Aufl. 2017, Art. 15 EGBGB Rn 7.
[274] So die h.M., vgl. Lorenz, in: FS Sturm, Liège 1999, S. 1569; Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl. 2000, S. 103.
[275] Z.B. in Ungarn und in der Schweiz.
[276] Allerdings ist hier umstritten, ob die Rückverweisung auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Verweisung nicht auf einer güterrechtlichen, sondern auf einer Rechtswahl gem. Art. 14 Abs. 2 oder 3 EGBGB beruht (vgl. NK-BGB/Sieghörtner, 3. Aufl. 2016, Art. 15 EGBGB Rn 32). M.E. ist dieser Streit praktisch bedeutungslos, da die Eheleute, die eine auf die allgemeinen Ehewirkungen bezogene Rechtswahl treffen, die Geltung dieses Rechts stets auch für die güterrechtlichen Wirkungen wollen, insoweit dann also auch eine Rechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 EGBGB vorliegt.

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