Rz. 231

Die Konkurrenz von Vermögensstatut (hier des Güterstatuts) und Einzelstatut (also des für die einzelnen Rechte maßgeblichen Sachen-, Gesellschafts- oder Schuldstatuts) wirft immer wieder Probleme auf.[311] Dabei ist das grundsätzliche Verhältnis relativ einfach: Der dingliche Erwerb des Rechts durch einen oder auch beide Ehegatten vollzieht sich nach dem Einzelstatut (also bei beweglichen und unbeweglichen Sachen gem. Art. 43 EGBGB nach dem an die Belegenheit des jeweiligen Gegenstands angeknüpften Sachenstatut). Dem Güterstatut ist zu entnehmen, ob der Erwerb durch den Ehegatten oder beide zu alleiniger oder gemeinschaftlicher Berechtigung der Eheleute führt und wie diese gemeinsame Berechtigung ausgestaltet ist. Dies ist insbesondere gem. § 47 GBO auch entsprechend ins Grundbuch einzutragen.[312] Ob freilich eine bestimmte Form der gemeinschaftlichen Berechtigung überhaupt möglich ist, beurteilt wiederum das "Einzelstatut".[313]

Beispiele: Das deutsche Sachenrecht verträgt sich nicht mit der Vorschrift des niederländischen Ehegüterrechts, welches eine Berechtigung des Ehegatten am Vermögen des anderen vorsieht, die weder als Bruchteilsgemeinschaft noch als gesamthänderische Beteiligung eingeordnet werden kann, weil das deutsche Sachenrecht wegen des numerus clausus der Sachenrechte derartige "Zwischenformen" nicht akzeptiert.

Das deutsche Gesellschaftsrecht akzeptiert für Anteile an einer GbR bzw. OHG keine weitere gesamthänderische Beteiligung. Daher steht das deutsche Gesellschaftsstatut auch einer gesamthänderisch gebundenen Mitberechtigung des anderen Ehegatten an einem Personengesellschaftsanteil entgegen, wenn sich diese aus einer gesetzlichen Güter- bzw. Errungenschaftsgemeinschaft ausländischen Rechts herleitet.[314]

Umgekehrt muss man es aus deutscher Sicht akzeptieren, wenn das für ein ausländisches Grundstück geltende Sachenrecht, da es die Gesamthand nicht kennt, die aus deutscher Sicht entstehende gesamthänderische Beteiligung in vertraglicher Gütergemeinschaft lebender Eheleute nicht anerkennt, sondern ggf. in eine Berechtigung zu ideellen Anteilen umdeutet.

[311] Zum Zusammenwirken der Einzelstatute mit dem Erbrecht als Vermögensstatut siehe Süß, in: Süß, Erbrecht in Europa, 4. Aufl. 2020, § 3 Rn 107.
[312] Ausf. zu den Problemen: Amann, Rpfleger 1986, 117; Jayme, IPRax 1986, 290; Rauscher, Rpfleger 1986, 119; Roth, IPRax 1991, 320; Süß, Rpfleger 2003, 53.
[313] Hausmann, in: Hausmann/Odersky, Internationales Privatrecht, § 9 Rn. 178.
[314] Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Hausmann/Odersky, Internationales Privatrecht, § 9 Rn. 186.; RG JW 1938, 325. Anders insoweit, da auf die Veräußerungsbeschränkungen abstellend, Riering, IPRax 1998, 325 f.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?