Rz. 209
Vorrangig vor der objektiven Anknüpfungsleiter ist eine nach Art. 15 Abs. 2 EGBGB a.F. getroffene Rechtswahl zu beachten. Folgende Möglichkeiten stehen zur Wahl, wobei die Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Ausübung der Rechtswahl gegeben sein müssen. Ein späterer Wegfall berührt die Wirksamkeit der Wahl nicht mehr:
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Das Heimatrecht eines der Ehegatten, Art. 15 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB a.F. Der Vergleich zu Art. 14 Abs. 2 sowie Art. 10 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB a.F. ergibt hier, dass ein Mehrstaater nicht jedes seiner Heimatrechte wählen kann, sondern ausschließlich die gem. Art. 5 Abs. 1 EGBGB effektive Staatsangehörigkeit entscheidet. Berücksichtigt man allerdings, dass – anders als im allgemeinen Eherecht – im Güterrecht der Vertragsfreiheit ein erheblich größerer Stellenwert zukommt und die Möglichkeit, zwischen mehreren Heimatrechten zu wählen, insoweit der Klarstellung dient, als die Beteiligten selber festlegen können, welches der Heimatrechte gelten soll. Die unter Umständen sehr schwierige und unsichere Prüfung, welches Heimatrecht "effektiv" i.S.v. Art. 5 Abs. 1 EGBGB ist, kann dann unterbleiben. |
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Das Recht des Staates, in dem (zumindest) einer der Ehegatten bei Ausübung der Rechtswahl seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB a.F. |
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Für unbewegliches Vermögen das Recht des Staates, in dem dieses belegen ist, Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB a.F. Dies gilt auch dann, wenn das unbewegliche Vermögen im Ausland belegen ist. Die Rechtswahl zieht eine Spaltung des Güterstatuts nach sich. Umstritten ist, inwieweit außer Grundstückseigentum, Gebäuden, Wohnungseigentum, Erbbaurechten etc. auch für weitere Rechte (Hypotheken, schuldrechtliche Ansprüche auf Grundstück) das Belegenheitsrecht gewählt werden kann. Dass die Rechtswahl auch gegenständlich beschränkt für ein einzelnes (von mehreren in demselben Staat belegenen) Grundstück getroffen werden kann, wird in der neueren Literatur kaum noch bestritten. Entgegen mancherseits geäußerter Befürchtungen ergeben sich besondere Schwierigkeiten aus einer derartigen "objektbezogenen Rechtswahl" nicht. Bei mehrfacher Ausübung der Rechtswahl zugunsten desselben Rechts würde nämlich aus den betroffenen Gegenständen und Rechten eine einheitliche Vermögensmasse entstehen, für die güterrechtliche Vereinbarungen nur einheitlich getroffen werden können. Hinweis: Aufgrund der mancherorts sehr verbreiteten Praxis, bei Erwerb eines inländischen Grundstücks ausländische Eheleute quasi formularmäßig stets das deutsche Güterrecht wählen zu lassen, ohne weitere güter- und erbrechtliche Vereinbarungen zu treffen, ist weiterhin mit bislang in der Rspr. nicht einheitlich gelösten güterrechtlichen und erbrechtlichen Folgeproblemen aus der Spaltung des Vermögens (z.B. Berechnung des Zugewinnausgleichs beschränkt auf ein einzelnes Grundstück; Anwendbarkeit von § 1371 Abs. 1 BGB für die Erbfolge eines einzelnen Grundstücks) zu rechnen. |
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Wird der Ehevertrag vor der Eheschließung geschlossen, kann das Güterstatut mittelbar auch über eine Rechtswahl gem. Art. 14 Abs. 2, 3 EGBGB a.F. bestimmt werden. Zu diesem Zeitpunkt ergibt sich dann ggf. die Möglichkeit, ein nicht gem. Art. 5 Abs. 1 EGBGB effektives Heimatrecht zu wählen. |
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Noch weiter reichende Möglichkeiten ergeben sich ggf., wenn das kraft objektiver Anknüpfung anwendbare Recht weitere Rechtsordnungen zur Wahl stellt, wie z.B. das österreichische IPR. Eine hiernach getroffene Rechtswahl wäre aus deutscher Sicht im Wege der Weiterverweisung (siehe Rdn 96) zu beachten. |
Rz. 210
Die Rechtswahl muss notariell beurkundet werden (Art. 15 Abs. 3 i.V.m. Art. 14 Abs. 4 S. 1 EGBGB). Bei Vornahme im Ausland genügt die Einhaltung der für den Abschluss eines Ehevertrages vom Ortsrecht vorgesehenen Form. Kennt das ausländische Ortsrecht aber eine güterrechtliche Rechtswahl und stipuliert es hierfür eine Form, die hinter den für den Abschluss eines Ehevertrages geltenden Formerfordernissen zurückbleibt, so muss über Art. 11 Abs. 1 Fall 2 EGBGB auch die Einhaltung dieser vom Ortsrecht für die güterrechtliche Rechtswahl vorgesehenen Form genügen.
Rz. 211
Vielfach wird eine konkludente Rechtswahl für möglich gehalten. Freilich sollte man in der Unterstellung einer konkludenten Rechtswahl äußerst zurückhaltend sein. Leben deutsche Eheleute in Paris und haben sie dort einen Ehevertrag beurkunden lassen, so wird der dortige Notar, ausgehend vom französischen IPR, das französische Güterrecht zugrunde gelegt, möglicherweise auch im Urkundsentwurf auf französische Gesetze Bezug genommen haben. Dagegen wird man kaum eine Absicht der Eheleute annehmen können, aus dem deutschen in das französische Recht zu wechseln, zumal dann, wenn niemand auf diese Möglichkeit hingewiesen hat. Aus deutscher Sicht liegt insoweit eine verfehlte Vertragsgestaltung vor, die als "Handeln unter falschem Recht" zu behandeln wäre.
Rz. 212
Da die Verweisung aufgrund der Rechtswahl unmittelbar zum gewählten Recht führt,...