Rz. 162
Nachdem Art. 14 Abs. 2 EGBGB bis zum 29.1.2019 nur in Exotenkombinationen die Rechtswahl zugelassen hat, ist nach Art. 14 Abs. 1 EGBGB nun für die Fragen des allgemeinen Ehewirkungsrechts in relativ großzügigem Umfang eine Rechtswahl möglich.
Die Eheleute können – weitgehend wie für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe – zwischen folgenden Rechtsordnungen wählen:
1. |
dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten im Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, |
2. |
dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt während der Ehe zuletzt hatten, wenn einer von ihnen im Zeitpunkt der Rechtswahl dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder |
3. |
dem Recht des Staates, dem ein Ehegatte im Zeitpunkt der Rechtswahl angehört. Dabei ist bei mehrfacher Staatsangehörigkeit eines Ehegatten – auch wenn davon eine die deutsche sein sollte – jedes dieser Rechte gleichberechtigt nebeneinander wählbar. |
Rz. 163
Die Rechtswahl muss bei Vornahme im Inland notariell beurkundet werden (Art. 14 Abs. 1 S. 2 EGBGB). Darüber hinaus wird in der Literatur überwiegend auch die Einhaltung der weiteren Erfordernisse des BGB für den Abschluss eines Ehevertrages verlangt – z.B. die gleichzeitige Anwesenheit beider Eheleute vor dem Notar. Wird die Rechtswahl im Ausland vorgenommen, muss sie die Form eines Ehevertrages einhalten, und zwar entweder nach der am Abschlussort stipulierten Ehevertragsform oder (alternativ) nach der vom gewählten Recht verlangten Form (Art. 14 Abs. 4 S. 2 EGBGB). Die Rechtswahl kann jederzeit vorgenommen und geändert werden – vorausgesetzt, dass die in Art. 14 Abs. 2 oder 3 EGBGB genannten Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rechtswahl vorliegen. Treten die Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Rechtswahl erst später ein, kann die Rechtswahl dennoch schon vorher vorsorglich für diesen Fall getroffen werden.
Rz. 164
Die Rechtswahl verliert ihre Wirkungen, wenn sie in der Form des Art. 14 Abs. 1 S. 2 EGBGB aufgehoben oder eine neue Rechtswahl getroffen wird. Die Verweisung aufgrund einer Rechtswahl der Ehegatten erfasst nur die Sachvorschriften der gewählten Rechtsordnung (Art. 4 Abs. 2 EGBGB). Damit ist das Kollisionsrecht der gewählten Rechtsordnung nicht anwendbar (Art. 3 Abs. 1 S. 2 EGBGB), eine Rück- oder Weiterverweisung i.S.v. Art. 4 Abs. 1 EGBGB bleibt unbeachtet.
Nachdem der sachliche Anwendungsbereich des allgemeinen Ehewirkungsstatuts durch das Inkrafttreten der EUGüVO weiter geschrumpft ist und auch die früher bestehende mittelbare Wirkung des allgemeinen Ehewirkungsstatuts auf Scheidung, Scheidungsunterhalt und eheliches Güterrecht in der Zwischenzeit durch Gesetzesänderungen entfalllen ist, kommt freilich der Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 1 EGBGB trotz des erweiterten Anwendungsbereichs kaum praktische Bedeutung zu.