Rz. 232

Ergibt sich in einem vergemeinschaftenden Güterstand eine ausschließlich gemeinschaftliche Verfügungsbefugnis über das Gesamtgut in allen Fällen oder zumindest in bestimmten, für die Eheleute bedeutenden Fällen, so handelt es sich hierbei um eine güterrechtlich zu qualifizierende Regelung. Dies gilt auch für die Regelung des schwedischen Rechts, wonach die Verfügung über die Ehewohnung der Zustimmung des anderen Ehegatten bedarf, wenn das Eigentum in die eheliche Gütergemeinschaft fällt. Denn in diesen Fällen ist die Verfügungsbeschränkung von der Geltung eines bestimmten Güterstands abhängig. Gleiches gilt für § 1365 BGB. Zwar wäre die Anwendung dieser Vorschriften auch bei Geltung der Gütertrennung sinnvoll. § 1365 BGB soll aber vorrangig den Zugewinnausgleich schützen und nicht auch die Grundlage der ehelichen Lebensgemeinschaft. Anderenfalls würde er auch für in Gütertrennung deutschen Rechts lebende Ehegatten gelten.[315]

 

Rz. 233

Beschränkungen bei der Verfügung über Hausratsgegenstände und Ehewohnung[316] sind i.Ü. regelmäßig Fragen des allgemeinen Ehewirkungsstatuts (siehe Rdn 166).[317] Gleiches gilt für Beschränkungen des Rechts zur Kündigung der Ehewohnung, da diese lediglich eine Erweiterung der Regel auf den Fall darstellen, dass die Eheleute nicht Eigentümer ihrer Wohnung sind. Soweit für die Abgrenzung zwischen allgemeinem Ehewirkungsstatut und Güterstatut die systematische Stellung im ausländischen materiellen Recht bzw. die Eingliederung im Gesetzestext berücksichtigt werden soll, birgt dies die Gefahr einer Qualifikation lege causae (siehe Rdn 34) mit den daraus folgenden Normenlücken etc. Der Vorschlag, im Zweifel gleichzeitig dem allgemeinen Ehewirkungsstatut und dem Ehegüterstatut zuzuordnen (Doppelqualifikation),[318] schützt zwar den anderen Ehegatten. Diese Lösung verlässt aber den Weg der materiellen Neutralität des Kollisionsrechts, indem es ein bestimmtes Ergebnis – nämlich die Verfügungsbeschränkung – bevorzugt. Es fragt sich, weshalb – ohne gesetzliche Grundlage – gerade die Gestattung der Verfügung durch den Ehegatten allein aufgrund des allgemeinen Ehewirkungsstatuts unbeachtet bleiben soll und die Interessen des verfügenden Ehegatten und des erwerbenden Dritten nicht schützenswert sind.

[315] Staudinger/Mankowski, 2010, Art. 15 EGBGB Rn 262; Münch, Ehebezogene Rechtsgeschäfte, 4. Aufl. 2015, Rn 323 (güterstandsspezifische Regelung); ausf. Jayme, in: FS Henrich, 2000, S. 338 f.; für die Qualifikation als allgemeine Ehewirkung: Soergel/Schurig, 12. Aufl. 1996, Art. 14 EGBGB Rn 64.
[316] Z.B. Art. 215 Abs. 3 frz. CC., aber auch § 1369 BGB – obgleich im BGB bei der Zugewinngemeinschaft geregelt (so Staudinger/Mankowski, 2010, Art. 15 EGBGB Rn 261).
[317] Für eine güterrechtliche Qualifikation unter der EUGüVO dagegen nun v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht II, 2. Aufl. 2019, § 3 Rn 197; MüKo-BGB/Looschelders, 8. Aufl. 2020, Art. 1 EuGüVO Rn 13.
[318] So Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl. 2000, S. 75.

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